Feuer am Dach: Abwanderung der Industrie
Abwanderung der Produktion
Wie Österreichs Unternehmen und die Politik vor einer Zeitenwende stehen
Die Nachricht, dass 56 Prozent der produzierenden Unternehmen in Österreich überlegen, ihren Produktionsstandort ins Ausland zu verlagern, ist alarmierend. Das ist dem „Österreichischer Infrastrukturreport 2025“ zu entnehmen. Diesen Trend kann man nicht nur als eine wirtschaftliche Herausforderung betrachten, sondern er hat auch eine gewichtige soziale und politische Dimension.´
Die Industrie in Österreich unter Druck
Österreichs produzierender Sektor ist seit Jahrzehnten ein zentraler Pfeiler der nationalen Wirtschaft. Er steht für Innovation, Qualität und gut ausgebildete Fachkräfte. Doch jüngste Studien und Berichte – darunter der Infrastrukturreport 2025 – zeigen ein zunehmend düsteres Bild: Viele Unternehmen erwägen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern.
Die produzierende Industrie trägt maßgeblich, im Jahr 2023 waren es knapp 30 Prozent, zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und stellt zehntausende Arbeitsplätze in Städten und Regionen. Besonders in den Bereichen Maschinenbau, Metallverarbeitung, Elektrotechnik und Automobilzulieferung ist Österreich international konkurrenzfähig.
Stimmung ist schlecht
Globalisierung, Digitalisierung und die COVID-19-Pandemie haben die Rahmenbedingungen für Unternehmen radikal verändert. Österreichische Betriebe sehen sich immer mehr einem internationalen Wettbewerb ausgesetzt, der durch hohe Kosten, Bürokratie und Fachkräftemangel erschwert wird.´
Die Stimmung der österreichischen Unternehmer ist also so schlecht wie schon lange nicht und das ist keine Entwicklung der jüngsten Zeit. Viele Manager liebäugeln mit der Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland.
Gründe für die Verlagerung ins Ausland
Hohe Produktionskosten
Ein zentraler Kritikpunkt ist das hohe Kostenniveau in Österreich. Energiepreise, Löhne und Abgaben gehören zu den höchsten in Europa, was die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen im internationalen Vergleich stark einschränkt.
Lohn(neben)kosten
Österreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Lohnnebenkosten weltweit. Unternehmen beklagen, dass diese Kosten ihre Wettbewerbsfähigkeit drastisch reduzieren. Gleichzeitig wird in Österreich hauptsächlich Arbeit besteuert, arbeitsfreie Einkommen kommen recht gut weg.
Energiepreise
Die stark gestiegenen Energiepreise belasten insbesondere energieintensive Industrien wie die Metallverarbeitung oder Chemiebranche.
Bürokratie und regulatorische Hürden
Viele Manager kritisieren die umfangreiche Bürokratie und die oft wenig unternehmensfreundlichen Rahmenbedingungen. Lange Genehmigungsverfahren, komplexe Vorschriften und ein Mangel an Digitalisierung in öffentlichen Institutionen bremsen die wirtschaftliche Dynamik.
Fachkräftemangel
Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ist ein weiteres großes Problem. Viele Betriebe finden nicht genügend gut ausgebildete Fachkräfte, um ihre Produktionsstätten effizient zu betreiben.
Attraktivität anderer Länder
In Ländern wie Osteuropa oder Asien sind Produktionskosten erheblich niedriger, die Bürokratie schlanker, und Fördermaßnahmen für Unternehmen oft großzügiger. Viele österreichische Manager sehen darin eine attraktive Alternative.
Unsicherheiten und Investitionsklima
Die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten in Europa – darunter Inflation, Energiekrise und geopolitische Spannungen – verschärfen die Situation. Unternehmen fühlen sich gezwungen, Alternativen zu prüfen, um ihre Zukunft zu sichern.
Perspektiven, Sorgen und Forderungen
Im Gespräch mit Unternehmensführern zeigt sich ein breites Spektrum an Sorgen und Forderungen, die ein klares Bild der aktuellen Herausforderungen zeichnen.
- Zunehmender Kostendruck
Unternehmen stehen unter starkem Druck, Preise zu erhöhen, was jedoch in einem internationalen Markt schwer durchzusetzen ist. - Planungsunsicherheit: Langfristige Investitionen werden erschwert, da politische Maßnahmen wie Steuern, Förderungen oder Umweltauflagen oft kurzfristig geändert werden.
- Standortattraktivität: Österreich wird von vielen Managern nicht mehr als ein Top-Standort für Produktion wahrgenommen.
Forderungen an die Politik – Attraktive Rahmenbedingungen schaffen
Die Politik muss sicherstellen, dass Österreich ein attraktiver Standort bleibt. Dazu gehören:
Steuerliche Entlastungen
Einführung von steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen, die in Österreich investieren.
Energiemaßnahmen
Förderung erneuerbarer Energien und subventionierte Stromtarife für energieintensive Industrien.
Bürokratieabbau
Ein modernes, digitales Verwaltungssystem kann den Unternehmen Zeit und Kosten sparen. Genehmigungsverfahren sollten beschleunigt und transparent gestaltet werden.
Bildung und Fachkräfte
Investitionen in Bildung und Ausbildung sind essenziell, um den Fachkräftemangel langfristig zu beheben. Gleichzeitig sollte die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte erleichtert werden.
Innovation fördern
Durch die Förderung von Forschung und Entwicklung kann Österreich im internationalen Wettbewerb bestehen. Cluster-Initiativen und Kooperationen zwischen Unternehmen und Universitäten sollten gestärkt werden.
Fazit: Ein Weckruf für Österreich
Die hohe Bereitschaft der Unternehmen, Produktionsstandorte ins Ausland zu verlagern, ist ein Weckruf für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Österreich steht vor der Aufgabe, die Weichen für eine zukunftsfähige Wirtschaft zu stellen. Dazu braucht es entschlossenes Handeln, das auf die Bedürfnisse der Unternehmen eingeht und den Standort nachhaltig stärkt.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, ob Österreich seine Rolle als Produktionsstandort sichern und ausbauen kann. Die Politik ist in der Verantwortung, rasch und zielgerichtet zu handeln – im Interesse der Wirtschaft, der Arbeitnehmer und des gesamten Sozialstaates.
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