Soziologie für KMU – Eine Einführung
Das ist der Beginn einer Serie, die hier auf UWEB startet. Die Autorin möchte Sie in die überaus faszinierende Welt der soziologischen Betrachtung entführen. Sie wird versuchen, die wissenschaftlich hochkomplexen Erkenntnisse in eine Sprache zu übersetzen, die Sie mögen werden und Sie teilhaben lässt an vielen wichtigen Erkenntnissen. Meine Kollegen und Kolleginnen mögen verzeihen, dass bei diesem Unterfangen vieles sehr vereinfacht dargestellt und auf Vollständigkeit verzichtet werden muss.
Wofür es gut ist, wenn soziologisches Wissen eine größere Verbreitung erfährt.
Sehr vieles, was sich gesellschaftlich ereignet, wird psychologisch erklärt. Das ist gut so. Aber vieles kann noch besser erklärt werden, indem man soziologisches Wissen heranzieht und mit Hilfe dieses Wissens Prozesse, Ereignisse und Taten analysiert. Denn die Soziologie befasst sich mit zwischenmenschlichem Tun und darum geht es ja bei gesellschaftlichen Handlungen. Die Autorin wird sich aber weniger mit Phänomenen und Ereignissen auf der weltpolitischen Ebene befassen, sondern eher den sozialen Alltag in Unternehmen beleuchten.
Beginnen wir mit einer Beobachtung
Die Verfasserin ging eines Sonntag Morgens Frühstücksgebäck holen. Sie fand sich wieder in einer nahen Bäckerei und stellte sich an das Ende der kleinen Menschenschlange, die sich gebildet hatte. Sie betrachtete das geschäftige Treiben der Angestellten. Da gab es einen jungen Mann, den die Beobachterin als Lehrling identifizierte. Man konnte wahrnehmen, dass besagter Bursche ein wenig langsamer als die Kollegin handelte. Dabei muss gesagt werden, dass diese Kollegin sehr eifrig, ja beinahe hektisch, fuhrwerkte. Sie maßregelte ihn nun vor den Wartenden. Es war ihm sichtlich unangenehm, er wehrte sich nicht und versuchte irgendwie den Anweisungen seiner Vorgesetzten gerecht zu werden. Bei mindestens einer Person rief diese kleine Anekdote ein unangenehmes Gefühl hervor. Daneben gab es den verborgenen Impuls der Zuschauerin, sich einzumischen und der mürrischen Dame Einhalt zu gebieten. Aber nichts dergleichen geschah. Eine Einmischung hätte durchaus zu unangenehmen Nebeneffekten führen können.
Ein wichtiger Aspekt wird herausgenommen und erklärt.
Sehr vieles könnte man aus dieser kurzen Szene herauslesen. Es soll jedoch in der folgenden Ausführung der Aspekt der sozialen Rolle herangezogen werden.
Jeder der hier beobachteten Personen ist Träger der jeweiligen Situation angepassten sozialen Rolle.
Die Soziologie geht hier von sozial handelnden Personen aus. Sozial kommt dabei von socius (lat.) und heißt der Gefährte. Soziologisch wird immer an den Bezug zu den Anderen, an das zwischenmenschliche Handeln gedacht.
Der Verkäuferin und dem Lehrling in diesem Drama sind soziale Rollen zugedacht. Diese Rollen ergeben sich aus einer Summe von Erwartungen, die Andere an diese beiden stellen und der Position, die sie innehaben.
Rollenkonflikt, der in der Situation nicht zu lösen war.
Der Lehrling hatte vielleicht zu wenig Schlaf und war demensprechend müde und unaufmerksamer in seinem Tun. Er verhielt sich nicht so, wie sich das seine Vorgesetzte vorstellte. Die wiederum musste ihre Rolle, die offenbar auch darin bestand, den Lehrling zu maßregeln, erfüllen. Das tat sie vor den Kunden, die sich vor der Glasvitrine befanden. Hinter der Vitrine stand der junge Mann, dem es sicher peinlich war, so behandelt zu werden. Er konnte jedoch nicht aus seiner Rolle des Untergebenen heraus, ohne gröbere Sanktionen zu riskieren. Seine Vorgesetzte orientierte sich in ihrem Tun an imaginären Anderen, den Vorgesetzen, der Firmenphilosphie etc. und handelte danach in bestem Gewissen. Beide handeln für sich gesehen genauso, wie es ihrer zugedachten Rolle entspricht. Sie können sich jedoch nicht wissentlich aufeinander beziehen und diese Situation aktiv verändern.
Überdies erzeugt diese Szene einen unangenehmen Nachgeschmack, zumal Zeugen diesem Schauspiel beiwohnten.
Erst das Wissen und die Bereitschaft zur Reflexion hätte dieses Ereignis abgemildert bzw. für alle Beteiligten erträglicher gemacht.