VCÖ: Im Vorjahr fuhren über den Brenner dreimal so viele Lkw wie über alle Schweizer Alpenpässe zusammen

2,4 Millionen Lkw überquerten im Vorjahr den Brenner und damit dreimal so viele wie über alle vier Schweizer Alpenübergänge gefahren sind, das ist einer Presseaussendung des VCÖ zu entnehmen.
Während der Alpentransit in der Schweiz gegenüber dem Jahr 2010 um 250.000 Lkw abgenommen hat, hat die Zahl der Lkw über den Brenner im gleichen Zeitraum um rund 550.000 zugenommen. Die von der EU beschlossenen künftigen Luftgrenzwerte sind nur mit verstärkten Maßnahmen zur Reduktion des Lkw-Transits erreichbar, betont der VCÖ.
2,4 Mio versus 0,82 Mio LKW – da läuft was falsch
Der Brenner trägt im Alpenquerenden Güterverkehr die Hauptlast. Allein den Brenner überqueren mehr Lkw als die Alpenpässe der Schweiz und von Frankreich zusammen, Mit 2,4 Millionen fuhren im Vorjahr über den Brenner dreimal so viele große Lkw und Sattelschlepper wie über die Schweiz mit 0,82 Millionen. Gegenüber dem Jahr 2010 nahm die Zahl der Lkw über den Brenner um rund 550.000 zu, in der Schweiz in der gleichen Zeit um 250.000 ab.
Gesundheit versus Freier Warenverkehr und Umweltschutz
„Eine weitere Zunahme des Lkw-Verkehrs ist im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung zu verhindern. Die EU hat aufgrund der großen Gesundheitsschädlichkeit von Stickoxiden und Feinstaub die Luftschadstoffgrenzwerte gesenkt. Diese Grenzwerte sind nicht erreichbar, wenn der Lkw-Verkehr weiter zunimmt“, stellt VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky fest. Für Stickstoffdioxid NO2 sinkt der Jahresgrenzwert spätestens im Jahr 2030 von 40 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Für Feinstaub PM10 wird der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel auf 20 reduziert, für den noch gesundheitsschädlicheren Feinstaub PM2,5 von 25 auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.
Zusätzlich zur Luftverschmutzung durch Abgase kommt auch die Schadstoffbelastung durch Reifen- und Bremsabrieb der Lkw. „Der Kfz-Verkehr ist der Hauptverursacher von Mikroplastik. Gerade auf Gebirgsstrecken ist der Abrieb besonders stark“, macht VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky aufmerksam. Selbst, wenn die Abgase der Lkw zurückgehen, die Belastung durch Abrieb-Emissionen bleibt ebenso bestehen wie auch die enorme Abnützung der Straßen durch Lkw. Ein vierachsiger 40-Tonnen Sattelschlepper nützt die Straße so stark ab wie rund 60.000 Pkw.
3.200 Feinstaubtote oder 6.100 Umwelttote in Österreich – Hauptsache egal!?
Schlechte Luft bleibt nach Einschätzung der EU-Umweltagentur EEA das größte von Umweltbedingungen ausgehende Gesundheitsrisiko. Rund 253.000 Todesfälle in der EU hätten im Jahr 2021 im Zusammenhang mit Feinstaubwerten über den empfohlenen Grenzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestanden, teilte die EEA im Rahmen des „Clean Air Forum“ der EU in Rotterdam mit. Für Österreich waren es laut EEA rund 3.200 Todesfälle. Laut einer Aussendung des VCO von 2021 verursacht die Luftverschmutzung in Österreich 6.100 vorzeitige Todesfälle pro Jahr. Das sind je nach Betrachtungsweise 10 oder 20 Mal so viele Todesfälle, wie der Straßenverkehr direkt verursacht.
Italien ist säumig – Slot-System gefordert
Als Transitland ist Österreich bei der Entwicklung des Güterverkehrs auch von den Maßnahmen der EU insgesamt und den EU-Mitgliedstaaten abhängig. Der VCÖ weist darauf hin, dass gerade Italien den Schienengüterverkehr sträflich vernachlässigt. Entsprechend niedrig ist die Verkehrsleistung der Bahn im Güterverkehr mit gerade mal zwölf Prozent, der Anteil der Straße ist sieben Mal so hoch. „Die Freiheit des einzelnen Staates endet dort, wo die Gesundheit der Bevölkerung eines anderen Staates gefährdet wird. Im übrigen leiden auch in Italien viele Menschen unter der Lkw-Belastung. Deshalb fordert ja auch Südtirol gemeinsam mit Bayern und Tirol ein Slot-System für die Brennerstrecke“, erinnert VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky.
Ausblick: Ziel der EU könnten am Versagen der Mitgliedstaaten scheitern
Die EU möchte den Anteil des Schienengüterverkehrs bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Diesen Worten müssen auch Taten folgen, indem endlich Maßnahmen wie eine EU-weite Mindestmaut für Lkw eingeführt wird und die Mitgliedstaaten in die Pflicht genommen werden, die Verlagerung auf die Schiene voranzutreiben. Darüber hinaus ist wichtig, verstärkte Lkw-Kontrollen durchzuführen, damit sowohl die arbeits- und sozialrechtlichen Vorgaben und technischen Vorschriften eingehalten werden, ebenso die Tempolimits.
Quellen: VCÖ, Gesundheitswirtschaft, Redaktion
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