#Krisenkolume-Corona-No6: Aufstand des Wählervolks!?
Dieser Tage sind zwei bemerkenswerte Dinge passiert. In der zweitgrößten Stadt Österreichs, in Graz, wurde die Kommunisten bei den Gemeinderatswahlen stärkste Partei und stellen zukünftig die Bürgermeisterin. In Berlin stimmten in einem Volksentscheid die Wähler:innen an der für eine Enteignung großer Wohnungskonzerne. 240.000 Wohnungen sollen zum Gemeineigentum gemacht werden.
Neoliberalismus als überholtes Konzept?!
Auch wenn auf den ersten Blick beides wenig miteinander zu tun hat, so klar lässt sich ein Trend herauslesen. Die Menschen haben offenbar mancherorts genug von all diesen neoliberalen Geschwurbel, dass auch mich ein großes Stück meines Lebens begleitet.
Als Kind des Kalten Krieges, wurde ich dazu erzogen stramm auf der Seite des einzigen wahren Wertes des Westens zu stehen, dem Privateigentum. Das war heilig, denn beim Feind im Kommunismus, gab es das praktisch nicht. Nur die Not war dort den Massen frei zugänglich, nicht aber das Eigentum. Bei uns herrschte Sauberkeit im Umgang mit Privatbesitz. Doch das hat sich stark verändert und leider hapert es mittlerweile nach dem Niedergang des „Wahren Sozialismus“ mit der gerechten Verteilung. Die Reichen werden immer reicher, die Armen leben immer präkerer und die vielgelobte Mittelschicht, die bricht weg. Darin haben wir nun, nach 30 Jahren neoliberaler Politikdenkschule, endlich den Kommunismus eingeholt.
Eine Kernerzählung als hintertriebe List
Das Märchen von „Jeder ist seines Glückes Schmied“ hat mich sehr lange verfolgt. Doch nach mehr als 25 Jahren Unternehmer (KMU und EPU) sein und einer bisher halbwegs gut überstandenen Coronakrise, kann ich nur sagen: „Das stimmt so nicht“. Während die Chicago-Boys, den Homo Ökonomikus predigten und uns allen unfassbares materielles Glück versprechen, wurden in den letzten 20 Jahren nicht wenige Konzerne so groß , dass sie mit demokratischen Mittel nur mehr äußerst schwer zu beherrschen sind. Das belastet nicht nur die Arbeitnehmer:innen, sondern auch die KMU.
Währenddessen sind viele EPU zu den neuen Tagelöhnern geworden, weil es die neoliberale Wirtschaftshaltung erlaubt. Die Finanzkrise 2008, unter der wir in Wahrheit immer noch leiden, lässt sich einfach zusammenfassen. Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Den Reichen und Schönen darf nichts passieren! Die Kosten zahlen aber wir alle. Ich sage das als konservativ-liberaler Unternehmer. Die aufziehende Klimakatastrophe, die lasse ich aussen vor. Diese ist ebenfalls ein Produkt, der unheilvollen materiellen Glücksversprechung, die aber hauptsächlich die oberen Zehntausend betrifft.
Die dunkle Seite der Macht – unerwünscht
Nun aber scheint sich, ob dieser Entwicklungen, mancherorts das Wählervolk zu erheben. Graz und Berlin sind symptomatisch für das Gespür der Menschen, dass sie genug haben von Konzernen, die sie nicht abwählen können. Abwählen können sie aber deren politischen Handlangern. Das haben sie in Graz und Berlin, zur Überraschung vieler getan.
Auch die Bundestagswahl in Deutschland zeigt, das das ultimative politische Verharrungsvermögen in Form von des politischen Dinosauriers Angela Merkel, ausgedient hat. Jetzt braucht es neue Formen des Regierens abseits ausgetretener Pfade. Und der Neoliberalismus ist für viele ein ausgelutschtes Modell.
Wir werden also nach Graz und Berlin noch weitere Abgesänge in Form von überraschenden Wahlen auf den Neoliberalismus erleben. Ich denke für uns EPU und KMU wird das mittel- und langfristig kein Schaden sein. Und meine persönliche Meinung: Corona hat diese Entwicklung mit beschleunigt.