Diaspora als unternehmerisches Potential
Kulturelles Wissen ist viel wert. Wie viel bemerkt man erst, wenn man sich selbst in einer unbekannten Umgebung fremd fühlt. Die Regeln für gewohntes Verhalten, die wir unser ganzes Leben lang erlernt und eingehalten haben, gelten nicht mehr. Die Gefahr: Missverständnisse, der Tritt ins gefürchtete Fettnäpfchen und am Ende kein erfolgreiches Geschäft. Diese Perspektive wirft einen neuen Blick auf Migration und zeigt, wie internationale Beziehungen das Arbeitsumfeld bereichern können.
Was ist Diaspora?
Das altgriechische Verb diaspeiren beschreibt, wie Samen von der Elternpflanze aus verstreut werden. Ähnlich funktioniert auch das Konzept der Diaspora. Hinzu kommt, dass stets der Kontakt zu Personen im Heimatland besteht. Diaspora-Gemeinden ergeben sich aber nicht nur aus den Kontakten zwischen Herkunfts- und Zielland. Im Gegensatz meint der Begriff ein verschlungenes Netzwerk, das sich über mehrere Länder erstreckt. Verbindungen zu alten Bekannten in der Heimat, sowie in anderen Regionen bilden die Basis. Virtuelle Netzwerke ermöglichen, dass die Diaspora zusammenhält. Diese Gemeinden bergen viele unentdeckte Möglichkeiten in einer globalisierten Welt.
Die Rolle der Diaspora in der Globalisierung
Die Globalisierung verstärkt nämlich die Mobilität und damit internationale Verflechtungen von Gütern, Kapital, Informationen – und vor allem Menschen. So nimmt auch die wirtschaftliche Vernetzung auf globaler Ebene zu.
Neue Kommunikations- und Infrastrukturtechnologien verstärken auch das Netzwerk der Diaspora, indem sie einen intensiveren Austausch in virtuellen Räume schaffen. Folglich entsteht ein länderübergreifendes Netzwerk aus Kontakten und Ideen. An diesem Netzwerk teilzunehmen, eröffnet wirtschaftlich neue Möglichkeiten. Das spezifische Wissen, die Kontakte und Erfahrungen der Diaspora über unbekannte Regionen sind dafür unerlässlich und sollten genutzt werden.
Vielfalt im Unternehmen
Die schöpferische Kraft von Vielfalt durch ein internationales Umfeld wird oft unterschätzt. Dabei wächst durch sie die organisatorische Flexibilität in Zeiten der voranschreitenden Globalisierung und einem Strukturwandel wirtschaftlicher Vernetzung. Nach einer Umfrage der Mittelstandsforschung in Bonn und der GE Capita geben 72% der Unternehmen an, dass Vielfalt die Produktivität steigert.
Sprache
Einige Sprachen, wie arabisch oder indisch, die in der globalisierten Welt bedeutend sind, werden im deutschsprachigen Raum nur selten gelernt. Für die Verständigung sind Muttersprachler daher unersetzbar. So beschreiben die Linguisten Gumperz und Cook-Gumperz, dass Missverständnisse zwischen zwei Gesprächspartnern nicht aufgrund von kulturellen Differenzen auftreten, sondern weil sie nicht die gleiche Sprache teilen.
Missverständnisse können nach ihrem Ansatz durch eine genauere Erklärung aus der Welt geschafft werden.
Gebräuche
Beim Besuch eines anderen Landes oder beim Aufbau neuer Standorte kommt man mit für uns fremden Bräuchen und Sitten in Kontakt. Ohne genaue Kenntnis darüber, welches Verhalten angemessen ist, sind peinliche Momente und Verärgerung auf beiden Seiten nicht weit. Das Geschäftsessen gilt bei Verhandlungen als verbindendes Element. Jedoch kommt schnell Unsicherheit auf, wenn man als Gast nicht weiß, wie man sich angemessen verhält. Wer eröffnet das Essen, wer sitzt wo, wer bezahlt, gibt es vor dem Essen ein Ritual? Keine gute Grundlage für Verhandlungen.
Interkulturelle Kompetenzen
Es gibt Menschen mit einem spezifischen Erfahrungsschatz, der solchen Unsicherheiten vorbeugt. Sie mussten ihre Heimat verlassen und sich an eine neue Umgebung gewöhnen. Damit einher kommen Sensibilität und Verständnis für andere Sichtweisen und Verhalten. Außerdem lernten sie, auf das eigene Verhalten zu achten und sich diesem im Kontakt mit dem Unbekannten bewusst zu sein. In Verhandlungs- und Kommunikationssituationen können sie auf die Bedürfnisse des Anderen eingehen und Vertrauen entsteht.
Neue Kundenorientierung
Nicht nur das Arbeitsumfeld des Unternehmens wird immer vielfältiger, sondern auch die Welt der Kunden. Umso wichtiger ist es, passgenaue Angebote und Dienstleistungen für den bunten Kundenmarkt zu gestalten. Daraus ergeben sich auch Zugangsmöglichkeiten zu neuen Märkten und Zielgruppen. Mitglieder der Diaspora sind international orientiert und haben Erfahrungswissen im Ausland angehäuft.
Neue Märkte erschließen
Im vorherigen Absatz wurden die neuen Märkte ja schon angeschnitten. Die internationalen Kenntnisse der Diaspora helfen hier bei der Recherche zu den Zielländern. Viele Informationsquellen sind nicht auf Deutsch oder Englisch zu finden, sondern in der Sprache des Ziellandes. Durch das ausgiebige Netzwerk der Diaspora bestehen bereits wichtige Verbindungen zu Einheimischen. Und wer kann die Standortbedingungen einer Region mit all ihren Eigenheiten besser einschätzen als jemand, der dort sein ganzes Leben verbracht hat.
Erhöhung der Problemlösungskompetenz
Im Unternehmen selbst fördert Vielfalt die Produktivität. Unterschiedliche Herangehensweisen und Wertevorstellungen begünstigen, dass kreative und innovative Problemlösungsstrategien entstehen. Ein Ausweg aus einer schwierigen Situationen liegt manchmal so nahe. Neue Impulse bringen dann die Lösung. Unterschiedliche Erfahrungen bringen neue Sichtweisen mit sich, die die Problemlösung ankurbeln.
Also…Mitglieder der Diaspora
Es bietet sich also besonders an, Mitglieder der Diaspora in multinationale Teams zu integrieren, die sprachlich und kulturell auf die jeweiligen Länder abgestimmt sind. Sie bieten eine Möglichkeit, um die Kommunikation mit ausländischer Kundschaft und Verhandlungspartnern zu verfeinern. Auch die spezifischen Kenntnisse der regionalen Märkte und der Geschäftsgebräuche führen zu verbesserter Zusammenarbeit.
Die Diaspora kann für ein Unternehmen also viele Türen öffnen, wenn man sich deren Potential bewusst ist. Sie fördert den Ideen- und Wissenstransfer über Grenzen hinweg. Das Netzwerk aus Kontakten wird durch soziale Netzwerke und virtuelle Räume verstärkt. Diese Kraft zu nutzen, ist ein bedeutender Schritt in die Zukunft.