Zwischen hohem Energieverbrauch und effektiver Recyclingquote: Die Zukunft der Glasindustrie
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Ob Automobil-, Bau-, Pharma- oder Elektro-Branche – eines haben all diese Wirtschaftsbereiche gemeinsam: Sie verwenden Glasprodukte. Glas zählt somit global zu den bedeutendsten Werkstoffen und spielt somit nicht nur im nationalen Handel, sondern auch auf dem internationalen Parkett eine tragende Rolle. Für Unternehmen, die Glas produzieren oder bearbeiten, ergeben sich für die Zukunft zahlreiche Chancen – aber auch Herausforderungen.
Das Dauerbrenner-Thema Energie
Die wohl größte Herausforderung der Glasbranche hat immer noch damit tun, dass die Herstellung dieses Werkstoffes enorm viel Energie benötigt – über 1.500 Grad sind es, um genau zu sein, die gebraucht werden, um Glas entstehen zu lassen. Die Crux an der Sache: Die nötige Hitze wird zum Großteil mit Erdgas erzeugt. Und das wird immer schwieriger. Ein Grund hierfür sind veranschlagte Klimaziele, ein anderer hohe Energiepreise. Letztere trieben die Herstellungskosten in den letzten Jahren massiv in die Höhe und führten teils sogar zu Lieferengpässen und Ausfällen. Aber auch drohende Gasrationierungen, die – in Verbindung mit dem Ukrainekrieg – immer wieder im Raum standen, verkomplizierten die Situation. Denn ein Gasofen muss 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr, in Betrieb sein. Wird das Gas jedoch abgestellt, so geht auch der Ofen aus – und die Rohglasmasse darin härtet aus. Und das würde schließlich das Ende des Ofens bedeuten.
Pandemie beutelte die Branche
Auch die Corona-Pandemie beeinflusste die Branche negativ: Plötzlich rasselte die Nachfrage nach Glasverpackungen auf dem europäischen Markt in den Keller – und das, obwohl sie zuvor über Jahre hinweg gestiegen war. Vor allem die Lockdowns, und die damit verbundene Schließung der Lokale, hatten zu diesem Dilemma geführt. So berichtete etwa die Vetropack Austria GmbH, welche Kunden wie Vöslauer oder Berglandmilch zählt, der Wiener Zeitung, dass in normalen Zeiten rund 20 bis 30 Prozent der Glasverpackungen der Gastronomie an Endkunden verkauft werden, während der Pandemie waren es jedoch bedeutend weniger. Daher ging 2020 auch der Produktionswert der Branche um rund 20 Prozent zurück, ebenso wurde um knapp fünf Prozent weniger Glas erzeugt. Mittlerweile kann die Branche zum Glück wieder etwas aufatmen – dazu haben nicht zuletzt die folgenden Entwicklungen geführt. Mittlerweile ist die Nachfrage nach Glasverpackungen wieder gestiegen ist – nicht nur durch den vermehrten Heimkonsum in Verbindung mit Homeoffice. Auch andere Branchen benötigen immer mehr Glas – so etwa die Energieindustrie. Denn regenerative, nachhaltige Energiequellen sind in aller Munde und Solaranlagen somit auf dem Vormarsch.
Österreicher sind Recycling-Kaiser
Und dann sind da noch weitere hervorragende Zahlen: In Österreich liegt beispielsweise die Recyclingquote mittlerweile bei 80 Prozent. Die Österreicher sammeln also fleißig und wissen um die hohe Bedeutung von Altglas. Wenn es um das Thema Kreislaufwirtschaft geht, hat die Glasindustrie somit die Nase vorn. Oder um es plakativer auszudrücken: Aus einem Kilogramm Altglas entsteht ein Kilogramm Neuglas. Bei der Vetropack GmbH hat der Rohstoff Altglas in der Herstellung daher auch inzwischen einen Anteil von 70 Prozent. Der verstärkte Einsatz von Altglas, in Verbindung mit technologischen Innovationen, ist es auch, der die Umweltbilanz der gesamten Branche in den letzten Jahrzehnten stark verbessern konnte. In Summe gelang es der europäischen Verpackungsglas-Industrie in den letzten 25 Jahren so ihre CO2-Emissionen und die Abfallbelastung um 70 Prozent zu senken.
Nachhaltige Forschungen und Bestrebungen
Und die nachhaltigen Bestrebungen der gesamten Branche halten an: So setzen sich immer mehr Betriebe das Ziel, in naher Zukunft klimaneutral – oder zumindest annähernd klimaneutral – zu produzieren, wie etwa der deutsche Spezialglashersteller SCHOTT. Eine der größten Herausforderungen dabei: die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Alternativen. Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen dabei nicht selten Wasserstoff und grüner Strom. Aktuell sind daher vollelektrische Schmelzwannen, idealerweise mit regenerativem Strom, sowie Wasserstoff-Hybridwanne im Gespräch. Es bedarf aber auch intensiver Forschungsarbeit, um etwa den Einsatz von Scherben zu optimieren oder alternative Flussmittel zu prüfen.
Technologische Innovationen auf dem Vormarsch
Auch die digitale Transformation macht nicht vor der Glasindustrie Halt. Die Folge sind automatisierte Fertigungsprozesse, effizientere Maschinen und neue Anlagen. Herzstück dieser Maschinen sind mittlerweile Daten und innovative Software. Denn durch die Datenverarbeitung wird dafür gesorgt, dass eine optimale Auslastung gewährleistet wird und sich beispielsweise die Zuschnittleistung erhöht, oder der Ausschuss sinkt.
So entstehen vielfältige Glasprodukte direkt am Wirtschaftsstandort Österreich – und nicht wie bei anderen Branchen oftmals im Ausland. Und all das führte nicht zuletzt dazu, dass der Produktionswert der österreichischen Glasindustrie im Jahr 2022 – laut aktuellstem verfügbaren Jahresbericht – wieder gestiegen ist, und zwar um 11,48 Prozent.