SPÖ-Wirtschaftsprogramm: Start-ups pushen, EPU absichern, KMU entlasten, Großkonzerne besteuern
Es ist schon bemerkenswert: Obwohl die SPÖ viele Jahre lang von Bankern und hochrangigen Managern geführt wurde – Franz Vranitzky und Viktor Klima – haftet den Sozialdemokraten der Ruf an, es mangle ihnen an Wirtschaftskompetenz. Der ÖVP, welche die längste Zeit über von Bauernvertretern und Beamten geleitet wurde, spricht hingegen kaum jemand ab, wirtschaftlich tough zu sein. Mit Christian Kern kämpft ein weiterer SPÖ-Obmann und ehemaliger Manager eines Milliardenunternehmens gegen diese Wahrnehmung und präsentierte dafür den Plan A.
Thema Steuergerechtigkeit
Mehr als 200 Seiten umfasst Kerns Plan A, der zugleich Wahlprogramm der SPÖ ist. Rund 50 Seiten behandeln das Thema Arbeit & Wirtschaft. Herzstück des Wirtschaftsprogramms ist der Abschnitt über Steuergerechtigkeit. „Unser Steuersystem ist ungerecht. Konzerne und Top-Vermögen zahlen zu wenig Steuern, die hart arbeitende Mittelschicht zu viele“, heißt es dort. Auch werden zwei junge Menschen gegenübergestellt, welche dieselbe Ausbildung genossen haben, aber aus unterschiedlichen Verhältnissen stammen. Einer erbt eine Million Euro (steuerfrei natürlich), der andere nicht. Laut Rechnung der SPÖ müsste Letzterer 84 Jahre arbeiten, um ebenfalls auf diese Million zu kommen. Was will uns das sagen? Durch Arbeit allein, wird man nicht wohlhabend – durch Erben allein schon. Doch was sind die Lösungen der SPÖ, um diese Kluft zu schließen?
Entlastung für Kleinverdiener und Arbeitgeber
Der von der SPÖ geforderte Mindestlohn von 1.500 Euro wurde im Juni bereits beschlossen. Und derselbe Betrag solle auch steuerbefreit werden. Dies entspräche einer Entlastung von 500 Euro pro Steuerzahler. Gleichzeitig sollen die Lohnnebenkosten gesenkt werden, damit jeder Beschäftigte dem Arbeitgeber 500 Euro billiger kommt. Die Wirtschaftskammer kritisiert diese Pläne im Standard und meint, von der erhöhten Einkommensteuerbefreiung würden vor allem Teilzeitbeschäftigte profitieren, die statistisch gesehen ohnehin selten armutsgefährdet seien. Außerdem würde diese Entlastung „den Teilzeitboom eher anheizen“.
Multinationale Konzerne besteuern
Um die Wettbewerbsfähigkeit von KMU mit multinationalen Unternehmen zu erhöhen, solle verhindert werden, dass letztere durch unübersichtliche Konstrukte der Steuer entgehen. Die Werbeabgabe, welche österreichische Tageszeitungen zahlen, sollen auf Online-Konzerne wie Google ausgedehnt werden. Bei Gewinnverschiebungen von Unternehmen solle ein „Strafzuschlag von bis zu 25% der verschobenen Gewinne fällig werden“. Briefkastenfirmen in Steueroasen sollen verboten werden.
Starthilfe für Start-ups
Die SPÖ möchte „Österreich zum führenden Start-up-Hub Europas machen“. Start-ups sollen in drei Schritten unterstützt werden. Erstens: Eine Stärkeanalyse. In welchen Bereichen ist Österreich herausragend? Genannt werden: der „Automotive-Sektor, Umwelt- und Energietechnologie, Mikroelektronik, Bahntechnik, Mechatronics oder Bioökonomie“. Im zweiten Schritt soll eine Auswahl getroffen werden. Im dritten Schritt sollen Wirtschaft und Staat gemeinsam fünf regionale Start-up-Cluster gründen und finanzieren. „Jeder dieser Cluster ist einem Fachbereich gewidmet und bietet Start-ups in diesem Fachbereich weltweit einmalige Bedingungen.“ Jeder Start-up-Cluster bekomme eine „optimale Forschungsanbindung, weltweit einzigartige Industriepartnerschaften, eine attraktive Infrastruktur, internationale Kooperationen und Finanzierungsmöglichkeiten für die Gründungs- und für die Wachstumsphase“.
Scheitern soll nicht Ende sein
Scheitern solle nicht gleichbedeutend mit dem Ende der unternehmerischen Karriere sein, sondern „als Etappe auf dem Weg zur erfolgreichen Gründung gesehen werden“. Hier argumentiert die SPÖ, schon Akzente gesetzt zu haben – durch Privatkonkurs-Neu ohne Mindestquote. Damit würde jenen 110.000 Menschen geholfen, die derzeit zu arm für den Privatkonkurs seien.
Die SPÖ wäre nicht die SPÖ, wenn sie in einem Programm nicht betonen würde, dass die öffentliche Verkehrsinfrastruktur und Wasserversorgung keinesfalls privatisiert werden dürfen.
Keine Milliardenentlastung für Großunternehmen
Was jedoch gar nicht typisch für die SPÖ ist: Kern verspricht in Summe deutlich weniger Entlastungen als ÖVP und FPÖ. Wie das? Alle drei sind sie für eine Senkung der Lohnnebenkosten – aber ÖVP und FPÖ wollen auch die KöSt für nicht entnommene Gewinne antasten. Die FPÖ will diese halbieren – die ÖVP gar abschaffen. Die SPÖ sieht darin ein unverhältnismäßiges Steuergeschenk für Großunternehmen und argumentiert, dieses Geld würde eher in die Finanzwirtschaft (Aktien) investiert werden, als in die produktive Realwirtschaft (Arbeitsplätze).
Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Finanzierung der Entlastungen
Auch ist die SPÖ die einzige der größeren Parteien, die laut neue Steuern fordert. Während die ÖVP die komplette Finanzierung ihres Programms auf die Worte Wirtschaftswachstum, Systemeffizienz und Ausgabenbremse aufbaut, ist die die SPÖ deutlich skeptischer, was den erhofften Geldregen betrifft. Um ihr Programm umsetzen zu können, fordert die SPÖ: Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einem Vermögen von 1 Million Euro, die Ausdehnung der Werbeabgabe auf Online-Konzerne, Verschärfungen bei den Konzernsteuerregeln, Einsparungen bei Verwaltung und Förderungen, sowie eine „Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage des Familienlastenausgleichsfonds über den Faktor Arbeit hinaus (z. B. Verbrauch fossiler Energieträger)“.
Bessere soziale Absicherung für Selbstständige
Derzeit ist es so: Die Krankenversicherung zahlt in der Regel das Krankengeld ab dem 43. Tag. Für kleine Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern gibt es einen Zuschuss von 50% des Entgeltes durch die AUVA. Die SPÖ plant, „den Zuschuss für Kleinstbetriebe (weniger als 5 MitarbeiterInnen) auf 100 Prozent und für Betriebe bis 10 MitarbeiterInnen auf 75 Prozent zu erhöhen.“ Das würde rund 290.000 KMU und EPU betreffen – fast 90% aller Betriebe in Österreich.
Unternehmer mit weniger als 25 Mitarbeitern, die länger als 43 Tage krank sind, sollen rückwirkend ab dem 4. Tag Krankengeld bekommen. Zudem soll der Selbstbehalt von 20% bei jedem Arztbesuch gestrichen werden.
Grüner Touch
Neben der Ökologisierung des Steuersystems möchte sich die SPÖ durch eine weitere Forderung einen grünen Touch verleihen: Reparieren soll attraktiver werden als Wegwerfen und Neukaufen. So soll Reparieren gefördert werden, mit einer Prämie von 50% und maximal 600 Euro pro Person und pro Jahr. Dafür soll die Rechnung für die Reparatur einfach bei der zuständigen Förderstelle eingereicht werden.
Fazit
Die SPÖ versucht in ihrem Programm möglichst viel abzudecken: Vom Gründen, übers Scheitern, Krankwerden und den Lohnnebenkosten. Der Fokus liegt dabei auf KMU, EPU und Start-ups. Das Programm sieht Starthilfen, Absicherungen und Förderungen vor. Die Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne solle aber bleiben. Und als Gegenfinanzierung fordert man mitunter neue Steuern auf Vermögen.