Bundespräsidentenwahl: Die Kandidaten im Porträt – Teil 1
Die unterschätzte Macht des Bundespräsidenten
Die weit verbreitete Meinung lautet, dass ein Bundespräsident wenig bis nichts bewegen kann. Das Gesetz widerlegt diese Ansicht. Der Bundespräsident ist – im Gegensatz zum Bundeskanzler – direkt vom Volk gewählt. Das schafft Legitimation und in der Regel Vertrauenswerte, von denen alle anderen Politiker nur träumen dürfen.
Zu den wichtigsten Kompetenzen eines Bundespräsidenten gehören die Beurkundung von Gesetzen, das Recht, die Bundesregierung zu ernennen und auch zu entlassen, und die Möglichkeit, den Nationalrat aufzulösen. Zudem vertritt er die Republik Österreich nach außen.
Die „wahre“ Macht des Bundespräsidenten hängt sehr von seiner Person ab. Er kann ein im Ausland gern gesehener Gast sein, oder außenpolitisch isoliert, wie Kurt Waldheim. Er kann zwischen Regierungsparteien vermitteln, oder er kann stänkern. Er kann als Ruhepol wahrgenommen werden, oder aber als Häferl. All das hat Einfluss auf den politischen Prozess in Österreich.
Irmgard Griss – Die erste Bundespräsidentin?
Lange Zeit konnte nur gerätselt werden, wer sich am 24. April der Wahl zum höchsten Amt des Landes stellt. Irmgard Griss war die erste, die sich aus ihrer Deckung erhob. Mitte Dezember postete sie auf Facebook: „Ich kandidiere für das Amt der Bundespräsidentin.“ Sie ist die einzige Quereinsteigerin, der Umfragen zufolge realistische Chancen eingeräumt werden. Sie ist zwar keine Politikerin, war aber bereits Präsidentin – und zwar vom Obersten Gerichtshof.
Griss hat bereits vieles richtig gemacht. Die Medien haben die Bundespräsidentenwahl als Thema schon aufgegriffen, lange bevor der erste Kandidat feststand. Sie nutzte dieses Vakuum. Ihr Gesicht füllte Titelblätter und Innenpolitikseiten heimischer Medien. Ihr wurde eine Aufmerksamkeit zuteil, die sie nur deshalb bekam, weil sie die bis dahin einzige Kandidatin war.
Griss schafft es zudem erfolgreich, sich als unabhängige Kandidaten zu präsentieren. Bis zu dieser Wahl war es unvorstellbar, jemand könne Bundespräsident werden, ohne von SPÖ oder ÖVP unterstützt zu werden. Diesmal scheint es anders. Von keiner der beiden ehemaligen Großparteien unterstützt zu werden, ist ihr größtes Atout. Noch.
Alle anderen Kandidaten kann man klar zuordnen. Bei Griss ist das nicht so leicht. Für sie ist das Amt des Bundespräsidenten eine moralische Instanz. Unabhängig und transparent sein – das ist ihr Programm. Aber das wissen wir nun schon. Und bis zum 24. April ist es noch eine lange Zeit. Griss muss noch Akzente setzten, mutiger ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Ansonsten könnte sie ihre gute Startposition einbüßen. Griss möchte, dass die Persönlichkeit der Kandidaten und nicht die Finanzkraft ihrer Unterstützer die Wahl entscheidet. Aber sie vermag es bisher nicht, ein markantes Profil zu zeigen. Sie spricht zwar von Gerechtigkeit und ökologischem Gewissen, aber bleibt dabei so oberflächlich, wie die Teilnehmerin einer Misswahl, die für den Weltfrieden eintritt.
Alexander Van der Bellen – der Umfragekaiser
In einem Punkt gilt für Van der Bellen dasselbe, wie für Griss. Der Zeitpunkt, die Kandidatur bekanntzugeben, war ideal. Er stellte sich ins Rampenlicht, just nach dem Tag, als Erwin Pröll – entgegen allen Vermutungen – tat, was er immer angekündigt hat zu tun. Niederösterreichs Landesfürst bleibt weiterhin Fürst und wird kein Präsident. Bereits seit Ende 2014 geistern Umfragen durch die Medien, laut denen neben Erwin Pröll nur Van der Bellen breite Zustimmung genießt. Das Ausscheiden des stärksten hypothetischen Konkurrenten stieß Van der Bellen in die ungewohnte Rolle des Favoriten.
Als längstdienender Parteiobmann der Grünen ist Van der Bellen ein schon lange bekanntes Gesicht. Die Leute assoziieren mit ihm bereits eine Haltung zu Themen. Und anders als Griss, versucht er diese Haltung im Wahlkampf nicht zu verbergen, sondern hofiert sie sogar. Er spricht sich klar gegen Heinz-Christian Strache als Bundeskanzler aus. Er kokettiert mit dem Gedanken, ihn im Fall der Fälle nicht anzugeloben. Er kann sich vorstellen, im Falle einer FPÖ-Mehrheit sogar das Parlament aufzulösen.
Van der Bellen beschreibt sich selbst als „halbwegs liberalen Menschen mit grüner Vergangenheit“. Er ist für Studiengebühren, tritt klar für mehr Europa ein, und nicht für weniger. Transnationale Politik sei die Zukunft. Zudem ist der Ökonom deklarierter Anhänger des Freihandels und spricht sich – mit Einschränkungen – für TTIP aus. Mit einigen seiner Positionen steht Van der Bellen den Ansichten eines großen Teils der Bevölkerung diametral gegenüber. Und es ist ihm wurscht.
Die Amtsführung von Heinz Fischer bezeichnet Van der Bellen dezidiert als „ausgezeichnet“. Was er anders machen würde, als der jetzige Bundespräsident, weiß er selbst nicht genau.
Rudolf Hundstorfer – Der Innenpolitiker
Wie Griss, hat auch Rudolf Hundstorfer schon Erfahrung als Präsident. Und zwar saß er 2007 und 2008 dem ÖGB vor. Das und seine 7 Jahre als Sozialminister will Hundstorfer im Wahlkampf ausspielen. Damit ist er der Kandidat, mit dem die Wähler innenpolitisch aktuell am meisten assoziieren. Das ist aber nicht unbedingt von Vorteil. Schließlich hat die Arbeitslosigkeit unter Hundstofer in Österreich den höchsten Stand der Zweiten Republik erreicht. Einige geben dem ehemaligen Sozialminister dafür die Mitschuld. Auch einige der anderen Präsidentschaftskandidaten.
Bevor Hundstorfer Sozialminister wurde, war er ein außenpolitisches Nackerpatzl. Erst in den letzten 7 Jahren zeigte er sich, bedingt durch sein Amt, auf der internationalen Politbühne. Im Wahlkampf wird er oftmals auf seine Zeit als Sozialminister Bezug nehmen. Dabei sind weniger seine Reformen von Relevanz, als viel mehr seine Ausstrahlung. Er präsentiert sich gelassen, ruhig und argumentiert stets sachlich. Er hat den Ruf, mit seinen Verhandlungspartnern von der ÖVP stets konstruktive Ergebnisse zu erzielen.
Das spiegelt sich auch in einer vor kurzem veröffentlichten Umfrage wieder. Laut dieser vertraut die Mehrheit der Österreicher nur drei Bundespräsidentschaftskandidaten: Van der Bellen, Griss und Hundstorfer. Und es ist die Ausnahme, nicht die Regel, dass ein Ex-Minister nach 7 Jahren im Amt noch Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Mit politischen Themen wird Hundstorfer im Wahlkampf nicht punkten können. Was er vertritt, wäre wenig glaubwürdig. Denn er war ausreichend lange in der Position, die heimische Politik zu gestalten. Er wird im Wahlkampf in die Situation kommen, die Entscheidungen der aktuellen Regierung verteidigen zu müssen. Und auch dabei gilt: Hundstorfer wird wohl auf sein Auftreten setzen (müssen).
Quellen:
Ucakar, Karl / Gschiegl, Stefan: Das politische System Österreichs und der EU
http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4905957/Der-Praesident_Maechtiger-als-sein-Ruf
http://derstandard.at/2000030955768/Van-der-Bellen-Hundstorfer-Griss-im-Vertrauensplus
http://derstandard.at/2000030034811/Sachlichkeit-ist-in-Wahrheit-der-entscheidende-Punkt