Insolvenztreiber „Ehemalige Selbständigkeit“
Was sind die maßgeblichen Ursachen eines Privatkonkurses? Hohe Inflation, steigende Zinsen sowie immer höhere Lebenshaltungs- und Wohnkosten werden immer wieder als Treiber für eine Überschuldung und den Privatkonkurs angeführt. Der KSV hat 6.000 Fälle analysiert und ist zu folgendem Ergebnis gekommen.
Kaum war die Corona-Pandemie größtenteils überwunden, mussten Österreichs Privathaushalte die teils massiv steigenden Kosten in nahezu allen Lebensbereichen bewältigen. Es kam daher nicht unerwartet, dass die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im vergangenen Jahr um rund 13 Prozent auf 8.176 Fälle gestiegen ist.
Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
Wie sich im Rahmen einer aktuellen KSV1870 Analyse nun zeigt, ist ein wesentlicher Teil (28,1 %) dieser Privatkonkurse auf „persönliches Verschulden“ der Betroffenen zurückzuführen. Insbesondere die Überschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (19,3 %) und das jeweilige Konsumverhalten (6,8 %) führen weiterhin sehr häufig in den Privatkonkurs.
„Auch wenn sich das Konsumverhalten im Vergleich zu früher etwas verbessert hat, ist nach wie vor rund jede vierte Pleite im Privatbereich auf den falschen Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen zurückzuführen. Das hat aber weniger mit Corona oder den steigenden Kosten zu tun, denn dieses Verhalten war bereits vor den Krisenjahren erkennbar“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Am häufigsten ist „Persönliches Verschulden“ in der Steiermark (38 %) die Ursache, am seltensten in Vorarlberg (19,7 %).
Zweithäufigste Ursache eines Privatkonkurses ist eine ehemalige Selbständigkeit
Darüber hinaus sind im Vorjahr um 1,3 Prozentpunkte mehr private Pleiten infolge einer ehemaligen selbständigen Tätigkeit (26,7 %) registriert worden als noch im Jahr 2021. Insbesondere in Salzburg (39,6 %), im Burgenland (36,9 %) und in Tirol (36,4 %) waren überdurchschnittlich viele Pleiten auf diese Ursache zurückzuführen. Im Gegensatz dazu verzeichnete Oberösterreich mit 20,2 Prozent deutlich weniger Fälle dieser Art.
KSV wünscht sich Rückkehr zur 5-jährigen Entschuldungsdauer für Private
Die Konzeption des Privatkonkurses in Österreich galt, auch im internationalen Vergleich, stets als Erfolgsmodell. Während sich viele Menschen entschulden konnten, durften Gläubiger mit fairen Quoten rechnen. Fair unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der Schuldner bei deren maximaler Anstrengung.
2017 wurde das juristische Fundament, auf dem der Privatkonkurs steht, erstmals aufgebohrt. Der Gesetzgeber verkürzte die Rückzahlungsdauer von sieben auf fünf Jahre und schaffte die Mindestquote von 10 Prozent ab. Im Jahr 2021 wurde der Privatkonkurs in Umsetzung der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie der EU neuerlich novelliert und die Entschuldungsdauer auf drei Jahre verkürzt (vorerst befristet bis ins Jahr 2026).
Zur Unterstützung der „Corona-Opfer“, wie es zum damaligen Zeitpunkt hieß. Jetzt, wo die Corona-Pandemie überwunden ist, sollte im Jahr 2026 aus Sicht des KSV1870 jedoch eine Rückkehr zur 5-jährigen Entschuldungsdauer angestrebt werden.
Was meinen Sie dazu?
Wird dadurch die Selbständigkeit unattraktiv oder sollen Gläubiger wieder besser abschneiden?
Quelle: ksv.at