Was hilft gegen BASEL III? Ist Crowdfunding – Crowdinvesting ein gangbarer Weg?
„Mit Basel III wird es 2015 bis 2017 für mittelständische Unternehmen nicht besser sondern schlechter. Wir (Grüne Erde) haben uns über Crowdfunding unabhängig gemacht.“ Diese Aussage machte Kuno Haas, Geschäftsführer der Grüne Erde beim Wahlkampfauftakt der Grünen Wirtschaft vergangenen Samstag. Das zeigt das Dilemma in dem ien großer Anteil der österreichischen Wirtschaftstreibenden stecken. Aber es trifft nicht nur die mittelständischen Unternehmen sondern oder vor allem die Kleinen.
Neu Wege in der Unternehmensfinanzierung sind gefragt und Croudinvesting ist in aller Munde. Martin Watzka hat sich darauf spezialisiert und Theresa Steininger von Wohnwagon wagt gerade die 2. Runde. UWEB hat nachgefragt, wie die Praxis aussieht.
Interview mit Theresa Steiniger von Wohnwagon zum Thema Crowdinvesting/Crowdfunding:
Hallo Theresa, Wohnwagon ist mitten in der 2. Finanzierungsrunde via Crowdinvesting. Wie läuft diese 2. Runde? Könntest du uns vielleicht vorher noch kurz schildern, wer und was Wohnwagon ist?
Servus. Also zuerst mal: Wohnwagon, das ist ein Start-up aus Wien, das sich vor 2 Jahren die Frage gestellt hat: Was brauchst du eigentlich für ein gutes Leben? Eigentlich nicht viel: Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, ein natürliches Wohngefühl, Platz zum Denken und Atmen. Die Reduktion auf das Wesentliche ist dabei in unserer heutigen Zeit der eigentliche Luxus. Ausgehend von diesem Gedanken haben wir begonnen, den Wohnwagon zu entwickeln und uns mit Autarkie zu beschäftigen. Seit Juni ist der Prototyp fertig, im Dezember 2014 haben wir den ersten Wagen an einen Kunden ausgeliefert. Der Wohnwagon ist dank Biotoilette, Grünkläranlage, Photovoltaik-Inselanlage und spezieller Heizung völlig autark und kommt ohne externe Anschlüsse aus.
Schon den Bau des Prototypen haben wir damals als erstes Unternehmen in Österreich über ein Crowdinvesting finanziert. Nun geht es für uns um den nächsten wichtigen Wachstumsschritt: Den Aufbau der Serienproduktion und des Webshops – da wollen wir die Crowd wieder dabei haben! Die zweite Runde läuft gut soweit, wir haben schon über 30% erreicht und sind zuversichtlich, dass sich noch genug kleine Investoren finden!
Ihr habt euch von Anfang an entschlossen eure Idee Wohnwagon mit Fremdkapital in der Umsetzung zu finanzieren. Warum ausgerechnet Crowdfunding und nicht der klassische Weg zur Bank oder vielleicht die Suche nach einem Businessangel?
Das Crowdinvesting ist für uns weit mehr als eine reine Finanzierungsmöglichkeit. Wir haben in der Zeit wertvolle Rückmeldungen, jede Menge Feedback, Kontakte, ein Netzwerk aufgebaut. Wir haben unsere Branche kennengelernt und interessante Partner gefunden. Durch das viele Erzählen von der eigenen Idee und vom Projekt wird auch das Bild im eigenen Kopf immer klarer, wo man hin möchte – gemeinsam mit dem tollen Feedback ist das eine irre Motivation. Für eine Bank war unsere Idee zu ausgefallen, die Suche nach einem Businessangel hat jetzt gestartet. Gerade im zweiten Wachstumsschritt, denke ich, könnte da ein strategischer Partner für unser Unternehmen von Vorteil sein.
Wie waren die Erfahrungen aus der 1. Runde. Gibt es da schon Rückmeldungen von den Investoren? Investieren manche aus der 1. Runde auch in der 2. Runde?
Wir hatten sehr gute Erfahrungen mit der Crowd, viele beschäftigen sich wirklich intensiv mit uns, leben die Entwicklung quasi mit und haben schon auch mal mitgeholfen, teilweise sogar in der Werkstatt! Wir haben viele positive Rückmeldungen bekommen, dass sie die Investition nicht bereut haben und ich weiß auch von einigen unserer Pioniere, dass sie nun auch in der zweiten Runde dabei sind. Auch sonst sind in der zweiten Runde nun viele Investoren aus unserem Netzwerk dabei, das ja im letzten Jahr sehr gewachsen ist. Das reicht von Handelspartnern über Kunden, bis zu Forschungspartnern und Workshop-Teilnehmern.
Wie siehst du als Startup-erfahrene Jungunternehmerin die Finanzierung von Unternehmenswachstum in Österreich im Allgemeinen? Ist Crowdfunding ein Instrument für die allgemeine Anwendung in Startups?
Finanzierung ist ein schwieriges Thema. Banken sind sehr risiko-avers und wollen Sicherheiten, die gerade Jungunternehmer oft noch nicht bieten können. Die klassische Risiko-Kapitalszene fängt bei ganz anderen Summen an und interessiert sich selten für die Frühphase. Crowdfunding ist da glaube ich eine wichtige Ergänzung im Finanzierungsmix, der einen Start ermöglicht und auch gleich ein erster Test ist: Interessiert die Idee denn am Markt?
Crowdinvesting ist sicher nicht für alle Start-ups geeignet. Das Projekt muss sich gut kommunizieren lassen und von einem breiten Publikum verstanden werden, sonst ist es schwierig, die Menschen dafür zu begeistern.
Was ich im Bereich Finanzierung für Jungunternehmen auch unglaublich schwierig finde, ist die unterschiedliche Beratung, die man von verschiedenen Seiten bekommt: „Das Wachstum ist zu optimistisch angenommen“ hört man da genauso wie: „Ihr könnt mindestens doppelt so schnell wachsen“, „Ihr müsst doppelt so viel Personal einplanen“ ebenso wie: „In dem Bereich braucht ihr lang nicht so viel Personal“. Es zahlt sich aus, sich umzuhören, mit Branchenexperten und Finanzierungs-Profis zu reden, aber am Schluss ist dann doch wieder das eigene Bauchgefühl entscheidend. Das ist aber dafür meist eine sehr zuverlässige Entscheidungsgrundlage!
Welche Chancen bieten sich für einen Geldgeber aus deiner Sicht bei einem Investment via Crowdfunding aktuell bei Wohnwagon?
Auf der einen Seite steht natürlich die Möglichkeit finanziell zu profitieren. Ich hab mich bewusst für diese Form des Crowdinvestings entschieden, weil jene, die zu Beginn an die Idee glauben, dann auch die Möglichkeit haben, vom Erfolg zu profitieren. Wenn bei uns alles nach Businessplan läuft, wäre das zum Beispiel eine Gesamtauszahlung von 4.995 Euro für eine Investition von 1.000 Euro. Da muss man aber jetzt gleich dazu sagen: Die Investition ist natürlich auch mit einem hohen Risiko verbunden. Im schlechtesten Fall kann das investierte Geld auch weg sein.
Also der monetäre Aspekt ist das eine – wenn man hier das Risiko streut und in mehrere Start-ups investiert, kann das schon eine interessante Ergänzung zum Anlagen-Portfolio sein. Der andere Aspekt, der vielen aus unserer „Crowd“ auch weit wichtiger ist, ist dass wir mit dem Geld etwas Sinnvolles machen. Das Gefühl das Projekt dank einer kleinen Investition zu ermöglichen und mitzuerleben wie aus einem Projekt langsam ein Unternehmen wird, wie jemand mit dem Geld wirklich „arbeitet“… das ist ein schönes Gefühl und das schätzen auch viele unserer Investoren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Unternehmerinnen Portrait Theresa Steininger »