Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – soziale Mobilität
Soziale Mobilität
Soziale Mobilität bezeichnet zunächst ganz simpel die Bewegung von Personen zwischen verschiedenen Positionen gesellschaftlicher Schichten. Am Ende ist das Ganze dann gar nicht mehr so simpel, wie man sich das vorstellen mag. Die Mobilität drückt sich dadurch aus, dass sich die Merkmale, die für die Zuordnung von Personen zu bestimmten sozialen Schichten herangezogen werden, verändern. Soziale Mobilität ist somit über soziale Indikatoren wahrnehmbar, die sich in ganz alltäglichen Dingen ausdrücken. In unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten, ist auch ein unterschiedlicher Grad an sozialer Mobilität gegeben. Gruppen, für die soziale Mobilität besonders wichtig ist, sind Frauen, Migrant/innen und Personen aus niedrigeren Bildungsschichten. Dazu später mehr…
Wie sieht Bewegung aus?
Die Bewegungen, die man mit sozialer Mobilität meint, hängen also nicht zwangsläufig mit einer Bewegung im räumlichen Sinne zusammen (obwohl Wohngegenden oft auch mit sozialen Positionen im Zusammenhang stehen). Sie sind vielmehr abstrakt als Bewegungen im gesellschaftlichen Gefüge zu verstehen.
Dabei unterscheidet sich soziale Mobilität hinsichtlich des Einkommens, der Bildung und sozialer Klassen allgemein. Oft sieht es dabei so aus, dass sich besonders an den Rändern der Verteilung eine Beständigkeit abzeichnet. Das bedeutet, dass Personen aus schlechten Einkommensverhältnissen sich später nur selten im obersten Viertel des Einkommens wiederfinden. Personen aus durchschnittlich besseren Einkommensverhältnissen rutschen dementsprechend nur sehr selten in die unteren Einkommensschichten ab. Das wird spätestens dann problematisch, wenn sich eine gefestigte Klassengesellschaft etabliert und keine Durchlässigkeit mehr gegeben ist.
Das erste Umfeld ist entscheidend
Noch heute bedingen jedoch der sozioökonomische Status und die Bildungsergebnisse der Eltern häufig das Leben der Kinder. Die Eltern sind das erste Umfeld, in dem die Kinder geprägt werden. Ihre Interessen entwickeln sich oft dem der Eltern und frühesten Einflüsse. Eine Studie aus dem Jahr 2013 bestätigt: Je höher das Bildungsniveau der Eltern, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder selbst ein höheres Bildungsniveau erreichen werden. Trotzdem ist die Mobilität in Österreich über mehrere Generationen hinweg gestiegen.
Betroffene Gruppen: Migranten und Frauen
Inwiefern die Gesellschaft Durchlässigkeit zulässt, unterscheidet sich je nach sozialer Gruppe, in der sich eine Person zu Beginn befindet. Besonders Menschen mit Migrationshintergrund weisen nur eine geringe Mobilität zwischen den Generationen auf. Ähnliches gilt auch für das Einkommen und die ökonomische Situation. Besonders ausgeprägt ist diese Tendenz in Bezug auf das Bildungsniveau, da die Kinder oft aus schwierigen finanziellen Verhältnissen kommen und nur relativ geringe Aufstiegsmöglichkeiten in der Bildungshierarchie haben. Soziale und ökonomische Probleme verfestigen sich so letztendlich über Generationen hinweg.
Im Gegensatz zu anderen OECD-Ländern ist in Österreich auch die Aufwärtsmobilität von Frauen weniger ausgeprägt als die von Männern (25% vs. 33%). Das geht aus der OECD-Studie „Education at a Glance“ aus dem Jahr 2014 hervor. In anderen OECD-Ländern ist es umgekehrt. Dort schaffen im Schnitt 40% der Frauen und nur 38% der Männer ein höheres Bildungsniveau als ihre Eltern zu erreichen.
Wodurch unterscheiden sich verschiedene soziale Gruppen?
Klar, soziale Gruppen unterscheiden sich besonders durch die oben genannten Aspekte Einkommen, Bildung und ihre Position im gesellschaftlichen Gefüge. Es gibt aber natürlich noch mehr, was sie voneinander trennt und gegeneinander kennzeichnet. Also ihre Identität prägt. Der Soziologie Pierre Bourdieu führte hier zum Beispiel den Begriff Habitus ein. Aha, was ist das nun schon wieder? Der Habitus kann als ein System von Grundhaltungen und Verhaltensweisen gesehen werden das einer Person von Anfang an durch das soziale Umfeld mitgegeben wird. Diese drücken sich unter anderem in der Körperhaltung, Kleidungsweise und Sprache aus. Hier verfestigen sich auch Grenzen und Zugehörigkeit zwischen und zu Gruppen.
Was sind Voraussetzungen für soziale Mobilität?
Gleichzeitig ist es Voraussetzung für den gesellschaftlichen Aufstieg, diese Verhaltensregeln zu beherrschen. Das fördert die Akzeptanz der anderen Mitglieder. Ob und inwiefern soziale Mobilität in einer Gesellschaft möglich ist, hängt aber von verschiedenen Dingen ab. So können öffentliche Bildungseinrichtungen fehlende Bildungsinvestitionen der Eltern ausgleichen. Dafür braucht es aber auch einen angemessenen rechtlichen Rahmen. Dieser legt zum Beispiel Studiengebühren oder Anti-Diskriminierungsgesetze fest. Auch staatliche finanzielle Unterstützung während der Ausbildung oder für Klassenfahrten gehört dazu. Weitere Effekte, die soziale Mobilität sind die Weitergabe von Vermögen, Wertvorstellungen, sozialen Normen und sozialen Netzwerken. Sind diese nicht vorhanden, ist Bildung oft der einzige Grundstein für sozialen Aufstieg.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm… Im Kontext der sozialen Mobilität ist dieses Konzept problematisch für die Gesellschaft, aber auch für Unternehmen. Neben dem individuellen Recht auf Chancengleichheit geht auf gesellschaftlicher Ebene letztendlich viel Potential verloren und den Unternehmen mangelt es an Fachkräften, die durch zielgerichtete Ausbildung eingesetzt werden könnten.
Quellen:
http://epub.wu.ac.at/3778/1/Lebens-Intergen_Mobilit%C3%A4t_01_13.pdf