Hochsaison bei der Lehrstellenvergabe – und was UnternehmerInnen dabei bedenken sollen.
Serie: Flüchtlinge – Lehrlinge – Unternehmen
Seit Februar herrscht Hochsaison was das Lehrlings-Recruiting, wie es so schön heißt, anbelangt. Die Aufnahmekriterien der Unternehmen an potentielle Lehrlinge sind vielfältig.
Klassisches Aufnahmeprozedere, um Lehrlinge zu rekrutieren
Die meisten großen Unternehmen veranstalten aufwändige Aufnahmeprozesse bei der Lehrstellenvergabe. Dazu werden die Bewerber angerufen und telefonisch vorselektiert. Ist diese erste kleine Hürde geschafft, wird der Anwärter eingeladen an einem Lehrlings-Recruiting-Tag teilzunehmen. Dieser besteht dann meist aus einem schriftlichen Test, einem Praxisteil, an dem der Bewerber zeigen muss, welches Vorverständnis der zukünftigen Tätigkeit er mitbringt.
Oft wird verlangt sich selbst vor einem Auditorium vorzustellen. Ist das alles geschafft und der Eindruck und das Feedback positiv, wird in der letzten Runde ein Schnuppertag mit dem Anwärter vereinbart. Dort muss er oder sie den Betrieb kennenlernen und ein gegenseitiges beschnuppern findet statt. Dabei besteht die Möglichkeit zu sehen, wie sich der angehende Lehrling in das bestehende Gefüge eingliedert.
Vorselektion durch umfangreiche Testverfahren der angehenden Lehrlinge
Andere Betriebe verlangen vor einem ersten persönlichen Vorstellungsgespräch einen Test, http://lehre-hat-zukunft.at/startup-check/ der von der Wirtschaftskammer angeboten wird. Dabei werden je nach Firma Spezialtestteile der jeweiligen Fachrichtung verlangt. Der Bewerber muss einen mehrstündigen Test absolvieren. Dieser wird direkt an die jeweilige Firma gesendet. Die Fragen sollen eine Vielfalt an Fähigkeiten der Probanden testen.
Unternehmer müssen innovativere Rekruitingmethoden anbieten
Das soeben beschriebene Prozedere ist ein System, dass gewachsen ist und teilweise nicht hinterfragt wird. Wir haben es immer mehr mit einer Schar an Jugendlichen zu tun, die sich mit der deutschen Sprache schwer tun und/oder nicht im österreichischen Schulsystem sozialisiert wurden. Gleichzeitig gibt es Lehrbetriebe, die nicht genügend viele Lehrlinge finden.
Es gibt wohl da und dort zaghafte Bemühungen einiger Betriebe, die Menschen zunächst persönlich kennenzulernen und durch praxisnahe Aufgaben herauszufinden, ob die Probanden geeignet für die jeweilige Lehrstelle wären.
Unternehmer sind aufgefordert verantwortlich dem Wandel der Arbeitswelt zu begegnen.
Unternehmer und Unternehmerinnen sind dann aufgefordert sich an die gegenwärtigen Herausforderungen anzupassen, wenn sie dem natürlichen sozialen Wandel mit Klugheit entgegentreten. Die Konzentration soll dabei auf den Potentialen liegen, die Veränderungen mit sich bringen. Oftmals wird der Fehler begangen, alte nicht mehr so funktionierende Systeme zu beklagen. Ist man offen für die neuen Herausforderungen gelingt es besser, sich die Rosinen neuer Gegebenheiten herauszuholen. Konkret heißt das im Falle der Lehrlingssuche, dass die Potentiale gesehen werden sollen, die der jeweilige Lehrling oder die Lehrlingsgruppe mitbringt. Sehr viele, die von weit her unter schwierigen Umständen nach Österreich gekommen sind, wollen unbedingt hier Fuß fassen. Das bedeutet, dass sie eine enorme Motivation mitbringen und arbeiten wollen und müssen.
Die positiven Seiten angehender Lehrlinge erkennen und einschätzen.
So kann ein angehender Lehrling mit nicht perfekten Deutschkenntnissen helfen, wenn ausländische Kunden Sprachen sprechen, die er beherrscht. Und das Deutsch lässt sich ja verbessern, es braucht eben ein wenig Zeit. Neben zahlreichen Deutschkursangeboten ist der tägliche Umgang mit deutschsprechenden Menschen dabei hilfreich. Oder die Arbeitserfahrungen, die meist junge Männer, die hier her flüchten mussten, mitbringen ist einzuschätzen. Die Selbständigkeit, die Höflichkeit und das Verantwortungsbewusstsein sind Vorzüge, die viele Menschen, die nicht hier geboren wurden, mitbringen.
Über den Tellerrand schauen und mit der Zeit gehen.
Wenn es uns Unternehmern gelingt, ein wenig über den Tellerrand zu schauen und dem gesellschaftlichen Wandel mit Offenheit und Klugheit zu begegnen, dann haben wir ein Stück weit auch Einfluss auf eine innovative und gute Entwicklung. Testverfahren und Bewährtes ist gut, aber nur dann, wenn es im Laufe der Zeit hinterfragt und gegebenenfalls angepasst und verbessert wird.