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Im aktuellen Beitrag wollen wir uns einmal mit der Kärntner Gründerszene beschäftigen, die vom Autor, der seit mehr als zwanzig Jahren hauptberuflich darin involviert ist, zukünftig stärker beleuchtet werden soll. Ehe auf die Proponenten der Szene (im nächsten Artikel) näher eingegangen wird wollen wir uns der Frage widmen – wie tickt die Szene?
Gründer vs. Start-ups
Lange Zeit führte die Kärntner Gründerszene ein Schattendasein. Das bedeutet, es wurde recht eifrig gegründet, aber nicht sonderlich zur Kenntnis genommen weil’s eh selbstverständlich war. Dann kamen die Start-ups! Doch nicht alles was gründet ist ein Start-up, denn ein Start-up bezeichnet “junge, noch nicht etablierte Unternehmen, die zur Verwirklichung einer innovativen Geschäftsidee (häufig in den Bereichen Electronic Business, Kommunikationstechnologie oder Life Sciences) mit geringem Startkapital gegründet werden” (Gabler Wirtschaftslexikon). Ein Start-up ist also innovativ, skalierbar und wachstumsorientiert! Diese genauere Beschreibung bzw. Unterscheidungsmerkmale im Bereich der Unternehmensgründungen ist deshalb wichtig, weil in der Folge auf die gesamte Gründerlandschaft Kärntens eingegangen wird!
Gründerlandschaft
Generell ist es so, dass speziell die technisch orientierten Unternehmensgründungen größere Aufmerksamkeit erreichen als eine – sagen wir einmal – Nageldesignerin, ein Handwerker, oder ein Berater! So setzt man in Kärnten – und wahrscheinlich auch anderswo – sehr stark auf eben die so genannten Hightech-Gründungen, die eine enorme Bedeutung zur Außenwirkung haben, denn nur durch „Leuchttürme“ erfolgt eine bessere Wahrnehmung! Aber sind das alles Leuchttürme? Reicht es diese überproportional zu fördern?
Tatsache ist, dass Letzteres leider zu oft der Fall ist und nur allzu oft der Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft entsteht. Denn während den einen die volle Aufmerksamkeit (und auch der eine oder andere Euro mehr) geschenkt wird, führen die „normalen Gründer“ ein Schattendasein. Auch hier wären verstärkte Bestrebungen wünschenswert, die keinesfalls monetär ausfallen müssen, sondern durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Wertschätzung einen Motivationsschub auslösen können! Wir leben nicht nur von Apps, sondern auch von handwerklich geschickten UnternehmerInnen, die großartiges leisten!
Was läuft?
Im Jahr 2015 begann ein lobenswerter Prozess, dessen Ziel es war ein „Gründerland Kärnten“ zu schaffen. Eine übergeordnete Stelle die die einzelnen Proponenten an einen Tisch bringt und koordiniert, um Zweigleisigkeiten zu vermeiden und die einzelnen Stärken der diversen Institutionen hervorzuheben und gezielt einzusetzen. Sogar der zuständige Staatssekretär (Mahrer) war im Land um das Vorhaben zu unterstützen. Der Wahlkärntner hat eine Vision: “Das Land kann der Hub im Alpen-Adria-Raum werden” meinte er in einem seiner Vorträge. Dafür müsse man an einigen Schrauben drehen.
Aus diesem Kontext heraus bildeten sich Arbeitsgruppen, denen auch der Schreiber dieser Zeilen zeitweise angehörte. So trafen sich in regelmäßigen Abständen die Vertreter der diversen Gründungsorganisationen um konkrete Maßnahmen auszuarbeiten was getan werden kann, um Kärntens Gründerszene zu stärken. Diese Vorarbeiten führten in der Folge zu einem „Manifest für Kärnten“ welches im Dezember 2015 von den so genannten Overheads präsentiert und unterschrieben wurde. Ein Meilenstein in dem sonst von vielen Eifersüchteleien geprägten Land. Hier wurde eine verbindliche Basis für die Zukunft geschaffen, die – hoffentlich – konsequent weitergeführt wird!
Was soll nun erreicht werden?
Österreich möchte zum »gründerfreundlichsten Land Europas« werden. Auch für Kärnten sind Gründungen wesentlich für die zukünftige Entwicklung. Ein attraktives Umfeld für Gründungen, ein »Entrepreneurial EcoSystem«, ist notwendig um
- die Zahl der Gründungen zu steigern und ihr Wachstumspotenzial zu stärken. Einen wichtigen Beitrag leistet dabei die Entwicklung von skalierbaren Geschäftsmodellen.
- durch gute Vernetzung und strategische Abstimmung kurze Wege und optimale Services für Gründungen sicherzustellen. Dabei werden alle Nachbarregionen einbezogen.
Entstehen kann ein »Entrepreneurial Eco-System« nur durch das erfolgreiche Zusammenspiel aller Handlungsfelder (Bildung, Forschung, Wirtschaftsförderung, Interessenvertretung, Infrastruktur, Beratungsangebote, Standortentwicklung, etc.) und Stakeholder. Knappe Ressourcen können so optimal eingesetzt und Synergie-effekte genutzt werden.
Wie profitieren Gründungen von dieser Situation?
Gründungen und Start-ups finden optimale Services und Infrastrukturen vor. Sie werden von Institutionen und Personen auf alle Unterstützungsangebote im »Entrepreneurial Eco-System« aufmerksam gemacht und in dem gut funktionierenden Netzwerk an die optimalen ExpertInnen weitervermittelt. Damit wird es wesentlich einfacher und attraktiver in Kärnten ein Unternehmen zu gründen.
Noch ist vieles Zukunftsmusik! Es liegt an jenen die das Manifest unterschrieben haben dranzubleiben, aber auch an den GründerInnen bzw. Gründungswilligen die Ärmel aufzukrempeln, anstatt nur auf der Welle von diversen Unterstützungen und Förderungen erfolgreich sein zu wollen. Es geht auch anders!
2 Comments
Stefan Janschitz
Gründen müssen sie alle…
Hallo Reinhard,
Mittlerweile weiß auch ich, wie sehr Dir die Kärntner Gründerszene am Herzen liegt.
Und als einer dieser Jungunternehmer aus dem UGP, bin ich Dir für Deine Arbeit sehr dankbar.
Die Unterscheidung zwischen Gründern und Startup verstehe ich nur zum Teil. Aber jedenfalls halte ich diese Abgrenzung für absolut falsch!
Ein Gründer darf nicht weniger Wert sein als ein Starup. Beide müssen gründen und beide brauchen möglichst viel Hilfestellung um dauerhaft bestehen zu können.
Die Politik spricht davon, Hürden für Gründer abzubauen und ein positives Umfeld für Gründer schaffen zu wollen.
Einen fruchtbaren Boden für Gründer werden wir aber nicht schaffen, wenn wir nur einige wenige unterstützen.
Jeder Gründer, egal ob klassisch oder höchst innovativ, bedeutet frisches Blut für die Wirtschaft.
Und nur mit dieser ständigen Erneuerung in allen Bereichen der Wirtschaft, wird es uns gelingen die Herausforderungen der Zukunft gut zu bewältigen.
… und gemeinsam werden sie zum Jungbrunnen der Wirtschaft.
Reinhard Huber
Stefan, vielen Dank für deinen Kommentar und deine wertschätzenden Worte!
Ja, die Gründerlandschaft Kärntens ist mir ein ganz besonderes Anliegen und auch der Motor, warum ich – trotz Pensionsalter – nach wie aktiv bin. Es sind viele gute Dinge passiert, aber es läuft auch vieles schief. Das Gefühl einer “Zwei-Klassen-Gesellschaft” beschleicht nicht nur mich.
Ich werde diesen Umstand, der jetzt – durch einen (sicherlich lobenswerten) Vertrag mit Pioneers – wieder gefestigt wurde immer wieder aufzeigen, auch wenn ich deshalb oft gescholten werde. Egal ob Hightech-Gründer, App-Entwickler auf der einen Seite, oder Handwerker, private Dienstleister auf der anderen Seite (du hast recht) alle sollen den gleichen Stellenwert haben. Dass die einen mehr Unterstützung und Wertschätzung erfahren ist abzulehnen!