Unterschiede in der Betriebsratsarbeit zwischen Österreich und Deutschland
Es gibt wohl nur wenige Institutionen in der Arbeitswelt, um die sich mehr Gerüchte und Meinungen ranken, als die des Betriebsrats. Fast jeder hat schon einmal von ihm gehört, doch warum er überhaupt existiert und wann er in ein Unternehmen gebracht werden kann, das wissen wiederum nur wenige. Dabei ist der Betriebsrat wichtig – und das nicht allein in Deutschland. Auch in Österreich hat er eine tragende Rolle und steht mitunter als Bindeglied zwischen Arbeitnehmern und den Gewerkschaften. Aber hat der Betriebsrat in Deutschland die Funktion des österreichischen Äquivalents? Dieser Artikel schaut sich das einmal an.
Ab wann haben die Mitarbeiter Anspruch auf einen Betriebsrat?
Der Anspruch auf einen Betriebsrat besteht nicht in jedem Betrieb, dafür aber in jeder Filiale eines Unternehmens, sofern diese die Bedingungen erfüllt:
- Deutschland – es müssen fünf volljährige Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigt sein. Drei dieser Beschäftigten müssen zu den wählbaren Betriebsratsmitgliedern zählen, also seit mindestens sechs Monaten im Betrieb sein. In Deutschland gilt, dass bei bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied vorhanden sein muss, bei bis zu 50 Arbeitnehmern drei, bis 100 Arbeitnehmern fünf. Ab dieser Mitarbeiterzahl erhöht sich die Zahl der Betriebsratsmitglieder je 100er-Schritt um zwei.
- Österreich – auch hier müssen fünf stimmberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb sein. Während die Staatsbürgerschaft unerheblich ist, werden Verwandte im Betrieb von der Stimmberechtigung ausgeschlossen. Die Arbeitnehmer müssen 18 Jahre alt sein, es gelten aber nicht nur Vollzeitbeschäftigte. Einzig Heimarbeiter werden herausgerechnet.
In Österreich gibt es zudem eine Trennung zwischen den Arbeitsbereichen. Hat ein Unternehmen sowohl Angestellte als auch Arbeiter und erfüllen beide Gruppen die Eingangsbedingungen, so wählen die Angestellten unabhängig von den Arbeitern einen Betriebsrat. Diese Regelung lässt sich jedoch aufheben, wenn beide Seiten zustimmen. Generell ist es jedoch unerheblich, wenn ein Angestellter von den Arbeitern in ihren eigenen Betriebsrat gewählt wird. Auch ein Arbeiter kann im Betriebsrat der Angestellten sein. Weitere Unterschiede zu Deutschland gibt es bei der Betriebsratsgröße: - 5-9 Arbeiter – 1 Betriebsratsmitglied
- 10 bis 19 – 2 Betriebsratsmitglieder
- 20 bis 50 – drei Mitglieder
- 51 bis 100 – vier Mitglieder
Ab 100 – je hundert Arbeiter oder Angestellte erhöht sich die Mitgliederzahl um eine Person.
Wie sieht die Sonderstellung des Betriebsrats in Unternehmen aus?
Mitglieder des Betriebsrats müssen rechtlich besonders geschützt werden. Diese Regelung begründet sich mitunter darauf, dass es durchaus immer wieder Unternehmen gibt, die die Gründung eines Betriebsrats mit allen Mitteln verhindern wollen oder den einzelnen Mitgliedern den Arbeitsalltag deutlich erschweren. Um Mitarbeiter nun nicht einzuschüchtern, wurden Betriebsräte gesondert geschützt, damit weiterhin eine Willigkeit besteht, überhaupt den Betriebsrat zu gründen oder die Arbeit aufzunehmen:
- Deutschland – Betriebsratsmitglieder stehen unter einem besonderen Kündigungsschutz. Die Wahlvorstandsmitglieder genießen einen besonderen Kündigungsschutz ab der Bestellung für den Wahlvorstand bis zu sechs Monate nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse. Auch die Kandidaten genießen den Kündigungsschutz ab der Aufstellung bis sechs Monate nach Bekanntgabe. Für jedes gewählte Betriebsratsmitglied beginnt der besondere Kündigungsschutz ab Amtszeitbeginn bis ein Jahr nach der Beendigung der Betriebsratsmitgliedschaft.
- Österreich – auch hier gilt ein gesonderter Schutz, doch ist er nicht mit Fristen im Gesetz verankert. Soll einem Betriebsratsmitglied gekündigt werden, muss zuerst das Arbeits- und Sozialgericht der Kündigung zustimmen. Dabei muss das Gericht die Schutzwirkung beachten, die allgemein bis drei Monate nach der Mitgliedschaft im Betriebsrat gilt. Eine Kündigung müsste also erst dem Gericht vorgelegt und von diesem entschieden werden, bevor ein Mitglied gekündigt werden kann.
In beiden Ländern gibt es jedoch Einschränkungen des Kündigungsschutzes. Sollte ein Betriebsratsmitglied ein schweres Fehlverhalten zeigen, welches zur fristlosen Kündigung veranlasst, hebt das Vergehen die besondere Schutzstellung auf. Ein Beispiel: Das Betriebsratsmitglied veruntreut oder stiehlt Firmeneigentum oder Gelder, fällt durch massives Mobbing oder Anfeindungen auf – nun darf der Arbeitnehmer trotz Betriebsratsstellung fristlos gekündigt werden.
Welche Unterschiede bestehen in der Betriebsratsarbeit?
Letztendlich ist der Betriebsrat in beiden Ländern dazu da, die Mitarbeiterinteressen gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen und auf die Einhaltung von Absprachen zu bestehen. So müssen Betriebsräte beispielsweise einer möglicherweise angesetzten Kurzarbeit zuerst zustimmen. Die Aufgaben auf einen Blick:
- Deutschland – der Betriebsrat achtet darauf, dass Verträge, Tarife, Unfallverhütungsvorschriften und Betriebsvereinbarungen stets zugunsten der Mitarbeiter ausgeführt werden. Zudem setzt er sich für die Gleichberechtigung im Betrieb ein, fördert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bereitet die Wahl der Jugend- und Ausbildungsvertretung vor, setzt sich für schutzbedürftige Personen im Betrieb ein und ist zuletzt die Anlaufstelle für Mitarbeiter, sofern diese Probleme im Betrieb haben. Bei Kündigungen muss er zunächst informiert werden.
- Österreich – auch in Österreich kontrolliert der Betriebsrat die Einhaltung der verschiedenen Verträge und Vereinbarungen und wirkt bei Kündigungen, Entlassungen oder Versetzungen mit – oder im Sinn des Mitarbeiters entgegen. Der Arbeitsumfang unterscheidet sich nicht von dem der deutschen Betriebsräte, höchstens in der Umsetzung durch die teils abweichenden gesetzlichen Bestimmungen.
Generell dürfen Betriebsratsmitglieder auf Schulungen oder Fortbildungen bestehen, die vom Arbeitgeber nicht verweigert werden können. Wenngleich es oft so wirkt, als hätten Betriebsratsmitglieder viele Rechte, so sind deren Pflichten nicht zu unterschätzen. Sicherlich darf ein Betriebsratsmitglied die Arbeit während der Arbeitszeit ausführen, dennoch werden die Mitglieder nicht von ihrer Arbeit freigestellt. Das normale Arbeitspensum muss weitergeführt werden.
Fazit – Unterschiede eher in der Gesetzgebung
Einer der größten Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich dürfte sein, dass in Österreich aktuell zwei Betriebsräte für ein Unternehmen gewählt werden können. Allerdings ist Österreich bei der Betriebsratswahl einen Schritt weiter als Deutschland, denn dort gelten auch überwiegend abweichende Angestellte als stimmberechtigt, sofern sie nicht einzig im Home Office arbeiten. Ansonsten ähneln sich der Arbeitsumfang, Rechte und Pflichten durchaus, wobei in diesen Punkten stets die unterschiedlichen Gesetzeslagen berücksichtigt werden müssen. Das Arbeitsschutzgesetz weicht in etlichen Punkten voneinander ab, wie schon beim Kündigungsschutz der Betriebsratsmitglieder in Österreich zu erkennen ist.
Bildquellen:
Abbildung 1: @ Amy Hirschi / Unsplash.com
Abbildung 2: @ Dose Media / Unsplash.com