Pleitewelle – 19 Unternehmen pro Tag betroffen

Ausgehend von einem hohen Niveau ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahresvergleich um 5,3 Prozent gestiegen, obwohl im dritten Quartal 2025 eine Verlangsamung der Insolvenzentwicklung zu sehen ist.
Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung mussten in den ersten drei Quartalen 2025 in Österreich 5.110 Unternehmen (+ 5,3 %) Insolvenz anmelden. Das sind umgerechnet 19 Fälle pro Tag. Trotz des Anstiegs sind die vorläufigen Passiva* um 58,3 Prozent auf rund 6,4 Mrd. Euro gesunken. Geschuldet ist diese Entwicklung einer deutlich geringeren Anzahl von Insolvenzen mit Passiva von mehr als 200 Mio. Euro. Darüber hinaus hat gegenüber dem Vorjahr fast ein Fünftel (19,1 %) weniger Mitarbeiter (15.200 Personen) insolvenzbedingt ihren Job verloren. Weiters ist die Zahl der betroffenen Gläubiger um 6,2 Prozent auf 34.700 gesunken. Aus heutiger Sicht erwartet der KSV1870 am Jahresende bis zu 7.000 Unternehmensinsolvenzen.
Die Gefahr eines dritten Rezessionsjahres infolge ist in Österreich weiterhin nicht gebannt, die heimischen Unternehmen stehen unverändert unter großem finanziellen Druck. Zwar gab es zuletzt zaghafte Anzeichen einer leichten Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage, diese reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die Insolvenzwelle einzudämmen. Demzufolge ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen zum Ende des dritten Quartals 2025 gegenüber dem Vorjahr um 5,3 Prozent auf insgesamt 5.110 Firmenpleiten gestiegen. „Neben dem insgesamt hohen Kostenniveau hat auch die vielerorts maximal durchschnittliche Auftragslage und damit einhergehend fehlende Umsätze zu einem Anstieg der Insolvenzen geführt“, analysiert MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz, die Ursachen. „Der Personalmangel trägt auch seinen Teil dazu bei, dass viele Unternehmen Aufträge ablehnen müssen und damit Geld liegen bleibt“, so Götze weiter.
Ähnlich zum Vorjahr: Drittes Quartal 2025 bringt vorerst leichte Beruhigung
Im direkten Quartalsvergleich zeigt die aktuelle KSV1870 Hochrechnung eine leichte Verlangsamung der jüngsten Entwicklung: „Die Insolvenzsituation hat sich während der Sommermonate etwas beruhigt. Ein Szenario, das bereits im Vorjahr zu beachten war. So ist das dritte Quartal 2025 jenes mit der geringsten Anzahl an Pleiten im Jahresverlauf“, erklärt Götze. Wurden zwischen Juli und September 2025 in etwa 1.600 Fälle gezählt, waren es im ersten Quartal 2025 rund 1.800 und im zweiten Quartal 1.700 Fälle. Zudem ist das aktuelle Quartal jenes mit den drittwenigsten Unternehmensinsolvenzen seit Anfang 2024.
Nicht eröffnete Fälle schaden der Wirtschaft massiv
Besorgniserregend ist zudem der höhere Anstieg der mangels Kostendeckung nicht eröffneter Fälle. Zwar gab es zuletzt in einzelnen Bundesländern vermehrt Insolvenzfälle, in denen durchaus noch Aktivvermögen vorhanden war, doch insgesamt ist die Zahl der nichteröffneten Firmenpleiten um 8,4 Prozent gestiegen. In diesen Fällen wurde mit der Insolvenzanmeldung häufig zu lange gewartet, wodurch auch die letzten Geldreserven verbraucht wurden. „Im Falle der knapp 1.800 nicht eröffneten Unternehmensinsolvenzen waren nicht einmal mehr 4.000 Euro vorhanden, um die Verfahrenskosten bei Gericht zu decken. Sie mussten daraufhin den Betrieb schließen und alle Mitarbeiter haben ihre Arbeitsplätze verloren“, so Götze. Zum Vergleich: Die Zahl der eröffneten Fälle ist nur um 3,4 Prozent angewachsen.
Handel, Bau und Gastronomie/Beherbergung mit den meisten Insolvenzen
Wie die aktuelle KSV1870 Hochrechnung belegt, verzeichnet der Handel die meisten Firmenpleiten. Im Vergleich zum Vorjahr sind seit Jahresbeginn insgesamt 921 Unternehmen (+ 10 %) insolvent geworden. Die Sommermonate haben im Handel – im Gegensatz zu anderen Branchen – zu keiner Entspannung geführt. Gegenüber dem zweiten Quartal 2025 verzeichnet das dritte Quartal des Jahres einen Anstieg von neun Prozent.
Weiters weist die Baubranche trotz eines leichten Rückgangs von drei Prozent die zweitmeisten Firmenpleiten (784) auf. Immerhin: Die Baubranche hat im aktuellen Quartal weniger Pleiten als in den drei vorangegangenen Quartalen zu verzeichnen. Auf Position drei folgt der Sektor Beherbergung/Gastronomie mit 603 Fällen (+/- 0 %), wobei im dritten Quartal eine ähnliche Entwicklung wie in der Baubranche erkennbar ist. Weiters sticht insbesondere das Grundstücks- und Wohnungswesen (360) mit einem gravierenden Anstieg von 62 Prozent ins Auge. „Trotz etwas weniger Pleiten in den vergangenen drei Monaten steht der Immobiliensektor weiterhin massiv unter Druck. Besonders Projektentwickler befinden sich angesichts einer angespannten Kostenstruktur und einer überschaubaren Anzahl an Bauprojekten nach wie vor in einer brenzligen Lage“, so Götze. Hinzu kommt, dass im Immobiliensegment eine Insolvenz oftmals nur der Startschuss für zahlreiche Folgeinsolvenzen ist. Grund dafür sind durchaus gängige innerbetriebliche Strukturen in Form von weiterführenden Projektgesellschaften, die wirtschaftlich miteinander verschränkt sind.
Passiva halbiert – deutlich weniger Fälle über 200 Mio. Euro
Trotz mehr Unternehmensinsolvenzen sind die vorläufigen Passiva* gegenüber dem Vorjahr um 58,3 Prozent auf rund 6,4 Mrd. Euro gesunken. Dieser Umstand ist im Wesentlichen zwei Aspekten geschuldet: Erstens gibt es im heurigen Jahr bis dato keine Insolvenz mit Passiva in Milliarden-Euro-Höhe. Zweitens gab es bislang nur vier Fälle mit Passiva von jeweils mehr als 200 Mio. Euro – im Vorjahr waren es zum selben Zeitpunkt bereits zehn Pleiten dieser Größenordnung. Die bis dato größte Insolvenz nach Passiva betrifft jene der SIGNA Prime Capital Invest GmbH mit einem Volumen von 870 Mio. Euro. Abseits davon fällt auf, dass mehr als die Hälfte aller diesjährigen Großinsolvenzen (Passiva über 10 Mio. Euro) unmittelbaren Bezug zum Immobiliensektor aufweisen, sprich in den Bereichen Bau bzw. Grundstücks-/Wohnungswesen angesiedelt sind.
Prognose 2025: Bis zu 7.000 Unternehmensinsolvenzen möglich
Auf Basis aktueller wirtschaftlicher Entwicklungen geht der KSV1870 weiterhin davon aus, dass in Österreich am Jahresende 2025 bis zu 7.000 Unternehmensinsolvenzen zu Buche schlagen könnten. Um mittelfristig das Ruder herumzureißen, wird es seitens der Bundesregierung deutliche Maßnahmen benötigen, die eine langfristige wirtschaftliche Erholung der Unternehmen ermöglichen. „Ob die jüngsten Entwicklungen des dritten Quartals eine Fortsetzung finden, oder es zu einer ähnlichen Entwicklung wie im Vorjahr kommt und im Herbst das Insolvenzaufkommen wieder steigt, bleibt abzuwarten“, so Götze.
*) Die Passiva für die ersten drei Quartale 2025 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 10.09.2025. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.
Quelle: KSV