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Geld ist wichtiger als Arbeit – ein Kommentar

Unter dem Titel „Deutsche lieben ihre Arbeit nicht mehr“ ist dieser Tage eine Umfrage auf dem Newsportal n-tv.de veröffentlicht worden. „Die Deutschen sind für ihre gehobene Arbeitsmoral weltweit bekannt. Doch einer Umfrage zufolge lässt der Eifer dramatisch nach: Weniger als die Hälfte schreibt dem Beruf noch eine hohe Bedeutung zu. Anders als im Vorjahr legen die Befragten jetzt mehr Wert aufs Geldverdienen.“

Die Stimmung der Arbeitnehmer:innen ist nicht die Allerbeste

Die Umfrage wurde vom Versicherungsunternehmen HDI beauftragt und 3.864 Berufstätige wurden befragt. „Knapp sechzig Prozent sagten, dass in ihrem jeweiligen Job die Auswirkungen des Fachkräftemangels zu spüren seien, 31 Prozent nannten dabei gestiegenen Arbeitsdruck. Mehr als ein Drittel – 35 Prozent – fürchtet demnach Auswirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten und das Arbeitsklima.“ 

„Zudem gaben 44 Prozent zu Protokoll, dass sie sich in ihrem jeweiligen Unternehmen nicht gefördert sähen, die Hälfte beklagte fehlende Aufstiegschancen.“ 

Der Blick nach Österreich

Eine schon fast zwei Jahre zurückliegende internationale Studie zeigt aber, dass es ähnlich in Österreich aussieht. „Nur rund die Hälfte der Beschäftigten fühlt sich im Job wohl und zufrieden. 45 Prozent sind sogar der Meinung, dass ihr Arbeitsplatz psychisch und emotional nicht gesund sei“, das schreibt der Standard in einem Artikel zur Studie im Februar letzten Jahres.

„Noch düsterer fällt die Bilanz bei der Sinnfrage im Job aus. Nur rund vier von zehn Erwerbstätigen können folgendem Statement zustimmen: „Meine Arbeit hat für mich besondere Bedeutung und Sinn – sie ist weit mehr als ein Job.“ Im internationalen Vergleich liegt Österreich damit auf dem letzten Platz.“

Müssen wir uns wundern?

Die Inflation, Corona, die Klimakrise, die Migrationsbewegung, der Ukrainekrieg und das Aufgehen der Armutsschere, all das macht es den Menschen nicht leicht, sie sind unzufrieden. Es zeugt für mich von einem gewissen Fatalismus in bestimmten Teilen der erwerbstätigen Gesellschaft, wenn nun das Geld in den Fokus rückt. Der Ausdruck „Schmerzensgeld“ für den Lohn, der ausbezahlt wird, rückt folglich in den Mittelpunkt. Das deutet auf mehrerlei Dimensionen in der Entwicklung hin:

1. Sinnkopplung fehlt

Ersten gelingt es den Unternehmen nicht mehr die Sinnkopplung von Tätigkeit und übergeordnetem Sinn in den Mittelpunkt zu rücken. Arbeit muss offenbar wieder anders gedacht werden. Während Corona sind neue zum Teil für viele Arbeitnehmer spannende Arbeitsmodelle aufgepoppt, die sich aber nicht so einfach in die Zeit danach übertragen lassen. Sinnkopplung ist keine Frage von Homeoffice und Dienstwagen, sondern es bedeutet, dass bei Arbeitnehmer:innen die Arbeit mit befriedigendem emotionalem Erleben verknüpft ist. Profit in Form Geld für sich genommen ist eine Eigenschaft, die wenig zu Sinnstiftung von Arbeit beiträgt. Man kann die Höhe des Gehalts auch als einen Hygienefaktor im Komplex Arbeit betrachten, der aus der Beziehung zwischen Tätigkeit, Arbgeitgeber:in und Arbeitnehmer:in entsteht

2. Corporate Responsibility als Aufgabe begreifen

Zweitens schient die gesellschaftliche Verantwortung vieler Unternehmen verloren gegangen zu sein. Nicht wenige Unternehmen schreiben riesige Gewinne, doch für die untere Mittelschicht, die Gefahr läuft in die Armut abzurutschen, bleibt wenig bis nichts übrig. Das beschäftigt nicht nur auf die Mitarbieter:innen dieser Unternehmen, sondern mittlerweile recht breite Teile der Gesellschaft. Da Gewinn offenbar alles sind und Arbeit aber durch Inflation und Krisen weniger wert entsteht ein bicht nur emotionales Ungleichgewicht, sondern hat sehr reale Auswirkung auf viele Arbeitnehmer:innen.

3. Auswege aus der „Egozentrik“ der Influencer suchen

Drittens ist die Konzentration auf das eigene Ego, die seit dem, Siegeszug der „Unsozialen Medien“ das Alltagsleben eines Großteiles der Bevölkerung bestimmt, eben mit der Unfähigkeit verbunden, sich in Gemeinschaft einzubringen. Das hat schon vor mehr als 20 Jahren mit der berühmten Ich-AG begonnen, hat sich dann auf den Karriereteilen der Massenmedien vorgesetzt und das „Influencer-tum“ hat dann die letzten Dämme brechen lassen. Wir müssen uns aber vor Augen führen: Der Erfolg der Menschheit fußt auf der Kooperation der „Vielen“ und nicht auf dem Schein der „Wenigen“, die sich zwanghaft, oft hohl und vielfach überhöht in den Mittelpunkt rücken. Hier sind nicht. Ur die Unternehmen gefordert, sondern auch die Politik und vor allem der Bildungsbereich, darauf aufmerksam zu machen. Ein schweitiger Prozess, da die Influencer der Politik, die Unsozialen Medien gerade für ihre „Flood the zone with shit“ Kampagnen entdeckt haben.

50% haben den Mut noch nicht verloren

Die vielen Krisen der letzten Jahre, setzen auch den sehr resilienten Charakteren zu. Man kann aber diese Studien auch andersherum lesen. Nämlich, dass erstaunliche 50% den Mut noch nicht verloren haben. Hier gilt es meiner Meinung nach die Protagonisten auf allen Ebenen im Unternehmen zu identifizieren und sie als Mind-Changer und Trendsetter als Reformer von innen zu unterstützen.

Führung und wahr Autorität ist gefragt

Keine leichte Aufgabe für eine Führungspersonal, dass leider noch immer allzu oft in dem klassischen Dreieck von Arbeit, Motivation und Führung gefangen ist. Kooperation war aber immer der Schlüssel zum Erfolg, nicht die Ebenen des Organigramms. Wobei Hierarchie, die es unbestritten braucht, immer eine formellen und einen informellen Teil besitzt. Autorität darf nicht nur auf einem Machtgefälle basieren.

Wenn es uns nicht großflächig gelingt, hier einen Turnaround zu schaffen, dann wird sich nicht nur der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft in eine Richtung entwickeln, die vielen von uns nicht gefallen drüfte und die unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit wohl stark mindern wird.

 

Bernd Jungbauer, IT-Dienstleister: Gesundheit ist wichtiger als Geld

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