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Weltfrauentag: Interview mit Nora Lawender, CEO von NTT Ltd. in Österreich

Das Motto des diesjährigen Internationalen Frauentages lautet: „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“. Neben dem Gender-Pay-Gap, der Tatsache also, dass Frauen im Durchschnitt immer noch weniger für dieselbe Arbeit wie Männer bezahlt bekommen, ist das Fehlen von Frauen vor allem in den obersten Führungsetagen eine Tatsache. Mittlerweile wird diese in einigen Ländern per Gesetz für eine Frauenquote bekämpft.

Trotz unaufhaltsamer Digitalisierung ist gerade in der IT-Branche das Fehlen von weiblichen Spitzenkräften mehr aus auffällig. Deshalb möchten wir heute eine Frau vorstellen, die es in der IT-Branche ganz nach oben geschafft hat. Wir haben Nora Lawender, CEO von NTT Ltd. in Österreich, zum Interview gebeten.

NTT Ltd als Teil der NTT Gruppe ist weltweit mit rund 40.000 Beschäftigten in 57 Ländern tätig. NTT Austria unterstützt Kunden mit Managed Services entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ist Experte für Intelligent Workplace mit cloudbasierten Lösungen, Intelligent Business-, Infrastructure- und Security-Services.

  1. Frau Lawender: Wie wird man Landesgeschäftsführerin in einem weltweit agierenden IT-Konzern?

Meine Karriere ist sehr klassisch verlaufen. Ich habe direkt nach meinem Studium in diesem Unternehmen im Controlling begonnen und konnte hier auch erste Führungserfahrung als Abteilungsleiterin sammeln. Danach hatte ich noch einige andere leitende Aufgaben, bevor ich schließlich im Vorjahr zur CEO von NTT Ltd. in Österreich aufgestiegen bin.

Generell gibt es hier kein Patentrezept, um eine leitende Funktion in einem Unternehmen zu bekommen. Ich denke, wie bei allen Karrierewegen gehört neben Engagement und Mut, auch das Glück dazu, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

  1. War Ihnen das schon in die Wiege gelegt?

Wenn mit in die Wiege gelegt gemeint ist, dass ich von meiner Familie immer unterstützt wurde, kann ich das klar mit Ja beantworten. Meine Eltern waren immer der Ansicht, dass eine gute Ausbildung Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben ist. Auf diesem Weg wurde ich motiviert, ermutigt und gefördert. Es ist toll, in einem Unternehmen Karriere machen zu können, in dem Geschlechterstereotype keine Rolle spielen, sondern einzig die Persönlichkeit und das fachliche Können.

  1. NTT ist der größte Datennetzbetreiber der Welt und sehr innovativ. Beschreiben Sie bitte unseren Leserinnen und Lesern, womit sich NTT in Österreich im Detail beschäftigt und wie der typische österreichische Idealkunde aussieht?

Unsere Idealkunden möchten für die digitale Zukunft gerüstet sein. Diese wird vor allem von hybriden Ansätzen und hohen Sicherheitsanforderungen geprägt sein. Wir hinterfragen dabei den Status Quo, entwickeln mit unseren Kunden gemeinsam eine IT-Strategie, die den künftigen Business-Anforderung der Kunden gerecht wird. Unser Anspruch ist es, einen echten Mehrwert zu liefern und unsere Kunden erfolgreich zu machen.

Unser Kernthema liegt im Bereich der Managed Services. Das bedeutet, wir stellen unseren Kunden IT-Services zur Verfügung und kümmern uns im Hintergrund um den reibungslosen Betrieb komplexer Systemwelten.

Wir sind für unsere Kunden der Partner in den Bereichen Digital Transformation, Customer Experience, Workplace, Data Center, Hybrid Cloud, Networking und Cybersecurity.

Als IT-Servicedienstleister, der in einen großen Konzern einbettet ist, entwickeln wir sowohl selbst neue Lösungen und arbeiten zudem mit den weltweit führenden Herstellern aus den unterschiedlichen IT-Bereichen eng zusammen.

  1. Was ist Ihre genaue Aufgabe im Unternehmen?

Meine Aufgabe ist es, unseren Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unsicheren Zeiten Sicherheit zu geben. Ich bin es aber auch, die notwendige Veränderungen anstößt und Entscheidungen trifft.

Besonders in der aktuellen Situation ist es wichtig, die Motivation sowie das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen zukunftsfähig bleibt.

  1. Warum haben Sie es genau in diesem Unternehmen an die Spitze geschafft?

Ich denke, ich hätte meinen Weg auch in anderen Unternehmen gemacht. Was aber an diesem Unternehmen schon immer so besonders war, ist, dass das Geschlecht keine Rolle spielte und Diversität gelebt wurde. Dadurch wurde meine Leistung als Frau immer anerkannt und es wurde mir schon früh ermöglicht, mich im Unternehmen weiterzuentwickeln.

  1. Wieviel unternehmerisches Denken steckt in einer Führungsposition bei einem weltweit tätigen Konzern?

Da ich unternehmerisches Denken, Selbstverantwortung und Einsatzbereitschaft von allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarte, versuche ich auch, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Selbstverständlich verantworte ich persönlich den Erfolg oder auch den Misserfolg des Unternehmens. Gerade diese Verantwortung macht meinen Job so spannend.

  1. Was unterscheidet Sie von einer „klassischen“ Unternehmerin mit einer eigenen Firma?

In der grundsätzlichen Haltung zum Unternehmen sehe ich keinen Unterschied. Es gibt hier aber natürlich eine weltweite Konzernstrategie, die enge Abstimmung und gute Kommunikation erfordert. Das sehe ich als Vorteil, weil ich so auf eine diverse, internationale Expertise zurückgreifen kann.

  1. Sie kommen von der Finanzseite und haben es in einem IT-Konzern an die Landesspitze geschafft. Vier Frauen sitzen im sechsköpfigen Vorstand von NTT. Ein sehr bemerkenswerter Zustand. Sieht man sich jedoch den Werdegang der einzelnen Personen auf LinkedIn an, so sind die Rollenbilder wieder scheinbar klar verteilt: Männer haben eine technische, Frauen eine wirtschaftliche Ausbildung. Wie sieht es in Ihrem Unternehmen mit jungen Technikerinnen aus. Tut sich da was? Oder bleibt die Technik weiterhin zum großen Teil den Männern vorbehalten?

Es ist schade, dass dies noch immer ein bemerkenswerter Zustand ist. Ich habe meine Geschäftsleitung nach ihrer Qualifikation, ihrem Engagement und ihrer Teamfähigkeit zusammengestellt. Auch wenn ich Frauen bewusst fördere und ermutige, ist das Geschlecht bei der Auswahl nicht im Vordergrund gestanden.

HR und Finance sind bei uns, wie in vielen Unternehmen, weiblich besetzt. Hervorheben möchte ich aber, dass der Service Bereich ebenfalls von einer Frau geleitet wird.

Nach wie vor haben wir kaum junge Technikerinnen. Hier muss gesellschaftspolitisch früher angesetzt werden: Technische Ausbildungen müssen attraktiver für Mädchen gestaltet werden.

  1. Bohren wir noch ein wenig weiter: Melissa Di Donato, ehemalige SAP-Managerin und jetzt CEO der Linux Distribution SuSE sagte in einem Interview: „Wir haben herausgefunden, dass nach zehn Jahren wesentlich mehr Frauen, nämlich 40 Prozent, als Männer (17 Prozent) ihren IT-Job hinter sich lassen. Als Grund dafür nannten sie das Arbeitsumfeld und dass ihnen Steine in den Weg gelegt wurden. Mentoring und weibliche Vorbilder könnten hier hilfreich sein. Gerade in dem Moment, in dem Frauen anfangen unsicher zu werden, ob der Job wirklich das Richtige für sie ist, ob sie tatsächlich in der IT weitermachen wollen, oft als einzige Frau weit und breit, könnte Mentoring hilfreich sein.“ Könne Sie diese Sicht teilen? Wie sieht es bei NTT aus?

Ich finde die Ergebnisse dieser Studie sehr interessant und frage mich, ob es einen großen Unterschied zwischen den einzelnen Branchen gibt. Dass Frauen leider viel zu häufig aus dem Berufsleben verschwinden hat meiner Erfahrung nach oft eher mit der Familienplanung und einem späten oder keinem Wiedereinstieg nach der Karenz zu tun.

Vorbilder können aufzeigen, was alles möglich ist und motivieren ungemein. Ich bin sehr stolz darauf, dass bei uns immer mehr Frauen auch im technischen Bereich Lead-Funktionen übernehmen und damit auch ein Vorbild für andere Frauen sind.

Wir bei NTT pflegen eine sehr offene, kommunikative Unternehmenskultur. Wir unterstützen uns gerne gegenseitig. Weltweit gibt es eigene Mentoring- und Leadership-Programme, die unsere MitabeiterInnen dabei unterstützen, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln.

  1. NTT (Die Abkürzung steht für Nippon Telegraph and Telephone) ist in seinem Kern ein japanisches Unternehmen. Wie stark ist die japanische Kultur, die auch nicht gerade für feministische Grundzüge bekannt ist, bei NTT zu spüren? Hat das Einfluss auf die österreichische Niederlassung?

Wenn es so wäre, wäre ich wohl nicht in der NTT Ltd. als Geschäftsführerin ernannt worden. Ich habe in diesem Unternehmen noch nie Diskriminierung erlebt.

Diversity ist für uns sehr wichtig und NTT fördert dies auch weltweit durch Initiativen und Programme. Auch mir und meinem Team ist es wichtig, Vielfältigkeit zu fördern. Bei uns wird jeder nach seiner Leistung und nicht nach Geschlecht, Religion etc. definiert.

Ich bin davon überzeugt, dass Vielfalt die notwendige Basis für Kreativität und damit auch für Innovation ist. Wir sehen tagtäglich, welchen Mehrwert diverse Teams haben. Das werden wir auch weiterhin fördern.

  1. Welche Tipps würden Sie einer jungen Frau, die gerade ihre Matura hinter sich hat, mit auf den Weg geben?

Junge Menschen, unabhängig vom Geschlecht, sollten sich die Zeit nehmen, sich zu fragen, was sie glücklich macht und wo sie ihre Begabungen sehen. Es ist immer auch gut, sich Rat von außen zu holen.

Auch Praktika geben hier einen guten Einblick in mögliche Jobprofile und künftige Ausbildungswege.

Jungen Frauen würde ich raten, sich bewusst auch mit Ausbildungen und Studien im technischen Bereich auseinanderzusetzen und sich zu fragen, ob das nicht vielleicht auch etwas für sie wäre. Auch wenn man vielleicht davor in seinem Ausbildungsweg noch nicht viel damit zu tun gehabt hat, erlernen kann man alles.

Egal wofür man sich aber entscheidet, es ist wichtig, dass man Freude daran hat, dann stellt sich der Erfolg in der Regel von selbst ein.

 

 

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