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Podcast 2 – Redaktion, Content-Produktion und Storytelling

In der ersten Folge über den Rundfunk des 21. Jahrhunderts wurden drei elementare Ebenen vorgestellt, die als Grundelemente des Zubereitungsrezepts für einen gut gemachten Podcast fungieren.  Es handelt sich um die inhaltliche, die gestalterische und die technische Ebene. Diese Ebenen können getrennt betrachtet werden, sind aber miteinander eng verzahnt. In der heutigen Folge beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit der inhaltlichen Ebene.  

Orientierungspunkte Ö1 und USA

Wer in Österreich lebt, der hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon öfters den Radiosender Ö1 gehört. Ö1 positioniert sich als der „Kultursender“ und hat hohe eigene Ansprüche an sein Programm und seine Sendungen. Bewertet soll es hier nicht werden. Tatsache ist, dass Ö1 im europäischen Vergleich eine sehr hohe Reichweite erzielt und das liegt zum einen großen Teil an der Umsetzung des eigenen hohen Anspruchs. Ö1 bietet durchgehend sehr gute Radioqualität und die Beiträge sind bis auf wenige Ausnahmen entsprechend gut gestaltet.
Wer jahrelang Ö1 gehört hat und sich nicht nur auf die Nachrichtenjournale beschränkt hat, der hat vermutlich schon ein sehr gutes Gefühl entwickelt, wie gut gemachtes Radio funktioniert. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass in den letzten Jahren die Innovationskraft der Formate abgenommen hat und die Distanz zum Puls der Zeit größer geworden ist. Dennoch kann Ö1 als guter Orientierungspunkt für die Entwicklung eines eigenen Podcast-Formats dienen. Das Online-Angebot von Ö1 ist meiner Meinung nach zwiespältig. Die App ist zwar anspruchsvoll, aber wenig innovativ. Zudem sind die Wortbeiträge nur  7 Tage abrufbar.

Wer über den großen Teich blickt, wird feststellen, dass sich dort viele und gute Podcasts tummeln. „This American Life“ zeigt eindrücklich, wo sich die Messlatte befindet. Hier wird Zukunft entwickelt. Sendungsformate mit mehr als 45 Minuten zeigen, dass es offenbar ein entsprechend breites Publikum geben muss. Die technische Umsetzung ist als vorbildlich zu bezeichen, denn sie ist enorm userfreundlich und sehr mediengerecht.

Solid Gold – die Recherchearbeit

Zurück zu Ö1. Viele Beiträge von Ö1 sind aufwendig gestaltet und meist spannend erzählt und/oder moderiert. Ob das Wissenschaftsmagazin Dimensionen, das Salzburger Nachtstudio und im Gespräch (leider sind die Zeiten eines Peter Huemers vorbei) oder ein Kurzformat wie  „Digital.Leben“ oder „Betrifft Geschichte“. Immer zeigt sich, dass hier eine Redaktion mit großer Ernsthaftigkeit und einen entsprechend hohen journalistischen Ansatz dahinter war. Die Recherchearbeit im Vorfeld, das Zusammentragen und Bewerten von Informationen ist für viele Podcast-Formate eine elementare Angelegenheit und muss unbedingt eingeplant werden. Bei diesem Teil der Arbeit entsteht oft der berühmte rote Faden, auf den wir noch näher eingehen werden.

Auch Plaudern erfordert eine tragfähige Basis

Natürlich kann man drauflos plaudern, aber selbst da muss man auf eigenes Wissen und eigene Erfahrungen zurückgreifen, die in der einen oder anderen Form dem Anspruch der Wahrhaftigkeit gerecht wird. Sonst ist es nämlich einfach uninteressant für das Publikum. Der Arbeitsschritt der Vorbereitung und Recherche ist unbedingt nötig und vor allem für Interviews elementar. Es gilt seinem Gegenüber  gekonnt gestellte Fragen dem Publikum zu präsentieren. In unterhaltsamer und möglichst spannender Weise muss das Thema näher gebracht werden. Die Kunst des Leitfadeninterviews ist hier kein schlechter Ausgangspunkt. So schafft die Art der Fragestellung die Basis und das Nachfragen die Würze, um ein Thema und den/die Gesprächspartner interessant zu beleuchten.

Querdenker und andere Nerds

Redaktionelle Vorbereitung ist also richtig und wichtig, selbst wenn es um scheinbar „langweilige“ Themen wie Produkte oder Dienstleistungen des eigenen Unternehmens geht. Gehen Sie in die F&E Abteilung und fragen sie unbedarft zu Hintergründen oder Details nach oder suchen Sie sich einen Nerd aus einer befassten Abteilung. Sie werden erstaunt sein, was plötzlich für Aspekte auftauchen und wie sich interessante Zugänge zu einem Thema eröffnen. Und wenn Sie noch Ihren Recorder dabei mitlaufen lassen, dann haben Sie vielleicht schon einen spannenden O-Ton für das Podcast-Intro, das den Hörer unvermittelt reinzieht. Es gibt Gestalter die aus diesen Situationen dann schon einmal einen kompletten Podcast zaubern können. Frei nach den Motto von Werner Herzog: Wer ein Drehbuch hat, hat einfach nur keinen Mut! Aber Vorsicht, so simpel ist das auf keinen Fall. Einem Podcast am Schnittplatz zu entwickeln, ist die Kür und nicht die Pflicht. Ein Skript für die Vorbereitung ist vor allem dann von Vorteil, wenn mehrere Personen in die Produktion involviert sind.

Screenshot eines Analysewerkzeuges aus dem Soundbearbeitungs- und Kompositions-Tool Apple Logic.

Die No-Go Ausstiegspunkte

Und schon sind wir mitten in der Content-Produktion. Gute Gesprächspartner, die  aufschlussreich und womöglich humorvoll erzählen können, sind das eine, genauso wichtig ist die Zielsetzung einer Podcast-Sendung, über die man sich im Klaren sein soll. Es geht dabei nicht um Suchmaschinen-Optimierung oder Klickzahlen, nein Sie sind mit einem linearen, sprich zeitabhängigen Medium unterwegs. Ohne Faktor Zeit hört der Podcast auf zu existieren. Das heißt, Sie können sowohl, monothematisch, also auch vielschichtig unterwegs sein. Sie sind nicht auf 2, 5, 10 oder 30 Minuten beschränkt, sondern sie haben hier ganz viel Gestaltungsspielraum. Den sollten Sie nützen. Letztlich geht es nur darum, keine Ausstiegspunkte, sprich Längen, zu erzeugen. Es gilt hier eine Faustregel aus der guten alten Radiozeit: 1 Minute Sendung sind 30 Minuten Vorbereitung. Natürlich es machmal mit Routine schneller, aber eben nicht immer. Planen Sie für den Beginn eher konservativ. 1 Minute Podcast = 1 Stunde Arbeit.

Ankerpunkt Moderation

Podcasts ohne Moderation zu entwickeln gehört zur ganz hohen Kunst. Das zu machen, bedeutet sich in Richtung eines Hörspiels zu bewegen. Das ist dann eine ganz eigene, sehr anspruchsvolle Liga. Ergo machen Sie sich dann über die Moderation viele Gedanken. Stimme, Ausdruck und Sprechweise gehören zwar zur gestalterischen Ebene. G Moderator*innen sind bei jedem Podcast die halbe Miete. Schreiben Sie Ihre Moderationen selbst, dann haben Sie viel voraus – vorausgesetzt sie sind ein Erzählertyp. Mit der Kunst der Moderation werden wir uns noch ausführlich an anderer Stelle beschäftigen.

Unternehmens-Podcast – Der wirtschaftliche Aspekt

Die Content-Produktion hat bei Unternehmen immer einen wirtschaftlichen Aspekt, sprich soll das Publikum anregen sich mit Marke, Produkten oder Dienstleistungen auseinander zu setzen um im Idealfall zu kaufen. Somit muss die Vermittlung des Inhalts entsprechend gestaltet sein und die Inhalte müssen etwas mit dieser Art der Zielsetzung zu tun haben. Hören ist etwas völlig anderes als sehen und deshalb gelten hier ganz eigenen Spielregeln. Wiederholung ist dabei ein wichtiges Element beim Hören, aber vermeiden Sie auf jeden Fall Redundanzen, das sind die Ausstiegspunkte Nummer 1.  Und platte Werbung animiert zum Abschalten, genauso wie technisch schlecht aufgenommene Sendungen, die beim Hören anstrengen. Ein akustisches Logo ist bei einem Unternehmenspodcast pratisch ein Muss und der eigene Unternehmenssoundtrack die Kür, die Sie aus der Masse hebt.

Das rote Faden Ding

Das führt zum wichtigsten Punkt der inhaltlichen Ebene, dem Storytelling. Wie erzeuge ich den roten Faden, der mir die Zuhörerschaft bis zur letzten Sekunde sichert? Dieselbe Geschichte kann langweilig oder spannend erzählt werden und deshalb ist es entscheidend, wie sie die Inhalte dem Publikum vorführen. Sich hier alleine auf die inhaltliche Ebene zu verlassen, das wird zu keinem guten Ergebnis führen. Es geht um Emotionen beim Zuhörer und die lassen sich auf sehr viele Arten erzeugen. Das einfachste Beispiel ist , wie oben schon kurz angerissen, die Hintergrundmusik. Auch wenn kaum wahrnehmbar, der Soundtrack ist ein entscheidendes Element, auf dass Sie nicht verzichten sollten. Stellen Sie sich einfach ihren Lieblingsfilm ohne Musik vor. Der Soundtrack ist also Teil des Storytellings und damit sind wir dort, wo unsere Betrachtung am Anfang begonnen hat. Alle Ebenen sind verzahnt.

Im nächsten Teil wollen wir uns deshalb mit dem Thema Storytelling auf den drei Ebenen Inhalt, Gestaltung und Technik auseinandersetzen.

Zum Nach- und Weiterlesen:

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