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Kommentar: Arbeitskräftemangel – Kontroverse Vollzeit/Teilzeit

© Bild: Susanne Plank from Pixabay

Gibt man einen Teilzeitjob über Karriere.at und filtert in der Suchmaske (mit Stand 20.2.2023) die Positionsebene Berufserfahrung, so hält das System am Standort Wien 1.501 Jobangebote bereit. Wählt man dagegen Projekt/Bereichsleitung, so sind es nur mehr 76 Jobangebote. Wählt man Unternehmensführung, so zeigt das System NULL Angebote. Dies zeigt sehr deutlich die traditionellen Denkmuster, die nichts mehr im 21. Jahrhundert verloren haben.

Immer mehr hören wir die Klagen über den Arbeitskräftemangel. Und gleichzeitig will man mehr vollbeschäftigte Frauen auf den Arbeitsmarkt bekommen. Und sieht die Lösung in der Schaffung neuer Betreuungsplätze. Doch viele Mütter wollen ihre Kinder nicht vorwiegend fremd betreuen lassen.

Wenn Betreuungspflichten eine gute Ausrede darstellen

Was, wenn die Betreuungspflichten nicht primär und nur vordergründig viele Frauen veranlassen, Teilzeit beschäftigt zu sein. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, dass man vierzig Stunden und mehr bei einem Arbeitgeber und -geberin verbringt. Es geht ja nicht nur um Betreuungszeit, die zweifelsohne einen Faktor darstellt. Es geht um das ganze Management, das eine Familie zu leisten hat. Und das übernehmen oft die Frauen. Und wollen dann eben keine 50 Stunden Woche leisten – inklusive eben der Managementaufgaben in der eigenen Familie. Detto können das Männer ebenfalls schwer leisten.

Umdenken und ausprobieren

Viel zu viele Unternehmer:innen können nicht von den alten Mustern loslassen. Personalverantwortung und Projektleitung muss Vollzeit geleistet werden, siehe auch das eingangs erwähnte Jobportal. Warum eigentlich? Wir wissen, wer seinen Job verantwortungsbewusst macht, der denkt auch abseits der Arbeitszeit über gewisse Arbeitsprobleme nach und fühlt sich involviert. Bei einer Arbeitszeitregelung, die die Arbeitnehmer:innen ihren Alltag besser managen lassen, steigt die Motivation und Innovation der einzelnen Mitarbeiter:innen. Und lässt sie vermutlich weniger oft den Job wechseln. Und jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin, die neu eingestellt werden muss, kostet viel Geld.

Wenn nicht gerade am Fließband gestanden wird, kann man die Arbeitsleistung nicht direkt an den Stunden festmachen. Je mehr Arbeitsstunden, desto mehr Leistung ist die (noch) gängige Berechnung, die falsch ist. Und das aus mehreren Gründen. Reden wir mal über ein Stundenausmaß von 30 statt 38,5 Stunden. Dann können wir sagen, es handelt sich um eine Vier-Tages-Woche. Dazu gibt es bereits empirische Studien in Europa, die zeigen, dass es geht und sich mehr qualifizierte Mitarbeiter:innen bekommen. Probieren Sie mal, als Unternehmer und Unternehmerin, wenn Sie Schwierigkeiten geeignete Mitarbeiter:innen zu finden, die Jobs mit einer 30 Stundenwoche auszuschreiben, inklusive Leitungsfunktion.

Ein Gedankenanstoß

Wie wäre es, wenn Arbeitgeber Modelle entwickeln würden, wie sie Teilzeitkräften Verantwortung und Leitungsfunktionen übertragen. Teilzeit kann 30 Stunden und nicht zwingend nur 20 Stunden bedeuten. Wenn von den Verantwortlichen endlich mehr darüber diskutiert werden würde, wie Familienväter und -Mütter sich Teilzeit gleichzeitig nehmen können und dies trotz Projektleitung und Führungspositionen, wäre uns allen a la longue mehr geholfen. Abgesehen davon wollen nicht nur Mütter und Väter, sondern immer mehr junge Arbeitnehmer:innen noch neben der Arbeit Zeit für vielfältige Aktivitäten haben.

 

Quellen:

IMMER MEHR MÜTTER ARBEITEN NUR TEILZEIT

Island – Vier-Tage-Woche bei vollem Gehalt

Führungskraft in Teilzeit kann funktionieren

 

 

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