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Regierungsprogramm 2020-2024: Unterkapitel EPU & KMU – Teil 3

Das Kapitel EPU & KMU im Regierungsprogramm 2020-2024  gliedert sich in zwei Teile. Teil 1 „Rechtssicherheit und Entlastung für Selbstständige und KMUs (sic)“, der seit letzter Woche online ist. Im folgenden Artikel geht es um den Teilbereich „Innovation durch Risikokapital ermöglichen“. Dieser ist genauso umfangreich wie der andere Teilbereich, der die Gesamtheit aller EPU und KMU betrifft.

„Verbesserte Anreize für privates Risikokapital für innovative Start-ups und KMUs“ (sic) und „Vereinheitlichung und Stärkung des öffentlichen Risikokapitals“ sind die beiden wichtigen Überschriften. Das dritte Thema „Social Entrepreneurship“ wird in 3 Halbsätzen abgehandelt. Es geht beim privaten Risikokapital um die Möglichkeit, dass private Investoren bei Verlusten besser aussteigen können. Das Risiko soll minimiert und vor allem besser verteilt werden können. Und es geht in weitere Folge um den Anlegerschutz. Die Stoßrichtung ist damit klar. Mehr Startups und teileweise KMU sollen Geld von privaten Investoren und/oder in Kombination Private plus öffentliche Hand (=Förderungen) erhalten.

Eine neue Investitionskultur soll entstehen

Die letztjährige Reise von Kanzler Kurz ins Silicon Valley, einem Mekka der weltweiten Startup-Szene hat wohl einen gewissen Eindruck hinterlassen. Diese Art von USA-Wirtschaft in Hinblick auf Riskiokapital ist jedoch in Österreich so einfach nicht zu erreichen. Dabei handelt es sich nämlich um eine Frage der Investitionskultur und die ist in Europa bzw. in Österreich gänzlich anders als in den USA. Es werden in diesem Kapitel einige Verweise auf ausländische Modelle gemacht (Schweiz, Großbritannien, Dänemark) und es soll der „European Fund for Strategic Investments“ durch eine zentrale Förderstelle stärker genutzt werden.

Diese Punkte sind oft als Absichtserklärungen formuliert. Sollen diese Dinge schlagend werden, muss sich nicht nur auf der Investorenseite, sondern bei vielen KMU einiges ändern. Die größten Chancen bieten sich bei den Startups, sind diese meist weniger an eine klassischen Unternehmenskultur in Punkto Finanzierung gebunden. Erstaunlicherweise ist nichts von Instrumenten des Digitalzeitalters wie Crowdfunding oder Bootstrapping und ähnlichem zu lesen.

Eine wichtige Lücke wird nur teilweise geschlossen

Letztlich bleibt die Frage offen, was in der Übergangsphase vom Startup zu einem regulären Unternehmen passiert. Während die erste Phase vor und nach Gründung durch mehrere Finanzierungsinstrumente je nach Brache ausreichend bis gut abgedeckt ist, ist das Thema Anschlussfinanzierung nach der Erstphase mit diesem Programm noch immer nicht geklärt.  Einzig eine knappe Formulierung liefert einen Hinweis: „Ausbau der Verfügbarkeit von Wachstumskapital für Start-Ups und KMUs (Finanzierungsvolumen € 2 Mio. bis € 20 Mio.) in Zusammenarbeit mit privaten Investorinnen und Investoren.“

Gebetmühlenartig in jedem Regierungsprogramm seit Jahrzehnten zu finden ist der Satz: „Verbesserte Governance der österreichischen Förderlandschaft/Risikokapitalstruktur, zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten.“  Bösartig könnte man nun fragen, wer in den letzten 34 Jahren das Wirtschaftsministerium geleitet hat. Offenbar liegen hier Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Das Thema One-Stop-Shop bei der Gründung könnte durchaus um das Thema Finanzierung für alle Unternehmen erweitert werden. Dazu ist trotz einiger Verbesserungen in den letzten Jahren noch einiges an Anstrengungen von Nöten.

Zieht sich der Staat aus einer seiner Rollen zurück?

Der Staat hat sich in den letzten 10 Jahren bei den Unternehmensförderungen von den Direktförderungen in Richtung Haftungsübernahmen bewegt und damit den Banken das Finanzierungsgeschäft überlassen. Diesmal soll es, wie schon bei der ÖVP-FPÖ Koalition angekündigt, mehr in Richtung private und institutionelle Investoren gehen. Für diese liegen einige sehr konkrete Vorschläge auf dem Tisch.

Was bleibt?

Das Kapitel EPU & KMU lässt ein bisschen einen schalen Geschmack zurück. Viele wichtige Probleme wurden erkannt und benannt. In vielen Bereichen bleibt es aber bei wenig greifbaren und oft unkonkreten Vorschlägen. Bei den Investoren sieht es interessanterweise deutlich besser aus. Worauf sich das zurückführen lässt ist schwer zu beurteilen. Klar ist, dass das Kapitel EPU & KMU die Handschrift der ÖVP respektive der ÖVP dominierten Wirtschaftskammer trägt.

Grüne Positionen fehlen

Schade eigentlich, denn die Grünen hätten im Bereich der EPU und Klein(st)unternehmen vermutlich eine dankbare Wählergruppe, die nun ein paar kleine Verbesserungen erhält. Die großen Brocken, wie die Frage sozialer Absicherung über die Gründungsphase hinaus oder die Möglichkeit der Kreditbeschaffung für kleine Unternehmen im Zeitalter von Basel IV oder das Thema kalte Progression bei der Einkommenssteuer werden nur tangiert oder gleich gar ausgeklammert. Die KÖST dagegen wird massiv und zwar um 16% gesenkt.

In vierten Teil der Serie betrachten wir das Wirtschaftsprogramm aus der volkswirtschaftlichen Perspektive.

 

Weitere Artikel aus dieser Serie:

Auftakt: Kapitel 2 des Regierungsprogramms: Wirtschaft & Finanzen 2020-2024 – Teil 1

EPU & KMU: Kapitel 2 Wirtschaft & Finanzen des Regierungsprogramms 2020-2024 – Teil 2

 

 

 

 

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