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RADIO-UWEB im Gespräch: Franchise Teil 1 – Verbandspräsident Dkfm. Andreas Haider

Das Gespräch führte Thomas Nasswetter

© Bild: Maria Nasswetter

Der Präsident des Österreichischen Franchiseverbandes, Andreas Haider stammt aus dem Mühlviertel. Er ist Geschäftsführer bei der Einzelhandelskette Unimarkt, die wiederum zur oberösterreichischen Pfeiffer Gruppe gehört. Die Pfeifer Gruppe macht rund 1,3 Milliarden Umsatz im Jahr.

Franchise: Von Unimarkt zu Zielpunkt

Die großen Lebensmittelketten setzten dem Einzelhandel massiv zu und wir suchten Möglichkeiten den Einzelhandel zu stärken, so Haider. Wir wollten unseren Kaufleuten eine gute Alternative anbieten, um an dem immer stärker werdenden Wettbewerb bestehen zu können. In der Schweiz hat es damals schon ein Franchisesystem gegeben. In der Pfeiffergruppe gab es bereits eine Filialorganisation, die Firma Unimarkt mit 40 Standorten. Dieser Standard Unimarkt mit 400-600m2 und einem tollen Preis-Leistungsverhältnis ist für einen bestehenden Unternehmer eine Möglichkeit den nahenden Mitbewerbern Paroli zu bieten.

1989 begannen wir mit zwei Pilotprojekten, die zwei Jahre lang beobachtet wurden. Diesen folgten zwei weitere Standorte, das Modell wurde adaptiert und wir sahen, dass es funktioniert. Die starke Marke Unimarkt gepaart mit einem selbständigen Unternehmer in einer Franchise-Vertriebsform funktioniert perfekt.

Ich habe das Franchisesystem Unimarkt aufgebaut und mittlerweile gibt es 43 Franchisepartner, der Rest sind Eigenfilialen; in Summe sind es 130 Standorte in Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark und Salzburg. Zum Pfeiffer Familienkonzern gehören noch der C&C Pfeiffer in der Gastronomie, der Pfeiffer Großhandel, Nah&Frisch Kaufleute, Unimarkt und seit März 2014 zu 100% Zielpunkt.

Der Eigentümer Georg Pfeiffer entschied sich als regionaler Anbieter bei Zielpunkt einzusteigen. Als traditioneller österreichischer Unternehmer. Zielpunkt fehlte in den letzten Jahren eine klare Positionierung und eine Ausrichtung. Zielpunkt ist in Wien die Nummer 2 hinter Billa. Zum Vergleich: Es gibt 130 Zielpunkt Standorte, Billa hat rund 140 Standorte. Das verschafft der Unternehmensgruppe die Perspektiven sich auf den Zentralraum und den Osten von Österreich zu konzentrieren. Damit entsteht für den Einzelhandel durch den Einstieg bei Zielpunkt eine weitere Perspektive für die nächsten 150 Jahre an der Familientradition zu partizipieren. Pfeiffer ist mittlerweile seit 152 Jahren am Markt.

Meine Leidenschaft ist es mit Partnern, in dem Fall mit Unternehmern zu tun zu haben. Die Kommunikation passiert dabei auf Augenhöhe. Es braucht natürlich besondere Menschen, die sich in ein Franchise-Vertragsverhältnis begeben. Aber wenn das Commitment gegeben ist und der Franchisenehmer sich darauf einstellt und einlässt funktioniert es sensationell. Im Vergleich zu den eigenen Stores entwickelt sich der Franchisebereich Jahr für Jahr um mindestens 2% besser. Da die Preise, die Sortimente und die Aktionen die gleichen sind muss der Faktor Unternehmer und Mensch dahinter den Unterschied machen. Es sind wahrscheinlich die kürzeren Entscheidungswege, am Puls der Kunden zu sein oder Wünsche in einer Art zu erfüllen, die ein „klassischer“ Mitarbeiter in einem Angestelltenverhältnis so nicht erledigen kann.

Fluktuation als Kennzahl für die Zufriedenheit

Bei Unimarkt haben wir eine Fluktuation unter 20%. Das ist in unserer Branche im Eigenfilialbereich sehr gut. Ich kenne von den Kollegen Werte, die deutlich höher sind. Im Franchisebereich ist die Fluktuationsrate nochmals deutlich geringer. Den Unternehmer mit seinen Angestellten kann man als große Familie betrachten. Daher kann auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter  unmittelbarer eingegangen werden. Es gibt keine Instanzen dazwischen und das Wohlfühlen und das Engagement ist deshalb ein ganz anderes. Meistens sind die Mitarbeiter des Franchisenehmers aus dem gleichen Ort und man kennt sich auch außerhalb des Betriebes. Die Mitarbeiter sind stolz darauf beim Unimarkt zu arbeiten, denn sie erleben sich als Teil der Kommune. Wir räumen dem Faktor Softskills, Faktor Mensch und der Familie einen hohen Stellenwert ein. Ohne eine Statistik vorweisen zu können behaupte ich, dass sich viele  Mitarbeiter bei den Franchisepartnern besser aufgehoben fühlen als in unserer Filialorganisation.

Wie sieht das Profil eines potentiellen Franchisenehmers bei Unimarkt aus?

Wir legen besonders Wert darauf, dass der Franchisenehmer aus dem gleichen Ort wie das zukünftige Unternehmen kommt. Weil er ein Teil der Kommune sein soll und die Gepflogenheiten des Standortes weitestgehend kennt und integriert ist. Er muss jedoch nicht unbedingt aus dem Lebensmitteleinzelhandel kommen. Wir legen sehr großen Wert auf Kommunikation und Führung. Natürlich ist eine betriebswirtschaftliche Basis Grundvoraussetzung. Bei Gründung eines Unimarkt-Standortes mit 600m2 beträgt die Investionen rund 1,6 Mio Euro. In den meisten Fällen sind wir von dem Standort überzeugt. Bei Interesse werden Finanzierungsmodelle gemeinsam mit dem möglichen Franchisenehmer erarbeitet.

Wir gewährleisten in den Anfangsjahren, die die Schwierigsten sind, dass schon etwas verdient werden kann. Wir strecken zunächst vor und bekommen das retour, wenn der Laden läuft. Das ist sehr auf einem partnerschaftlichen Unternehmertum aufgebaut. Außerdem erstellen wir mit dem Franchisenehmer einen passgenauen Einstellungsplan, der bis zu einem Jahr dauern kann. Ziel ist dennoch, dass der Unternehmer Eigentum erwirbt. Die Finanzierungsmodelle werden auf etwa 20 Jahre ausgelegt.

Haider als Präsident des Franchiseverbandes

Der Verband hat 130 Mitglieder. Diese gliedern sich in mehrere Kategorien. Handelsbetriebe wie Lebensmittel und die Textilbranche wie Benetton und Jones. Der Klassiker ist die Systemgastronomie wie Burger King, Subway und Schnitzelhaus. Eine weitere Kategorie ist das Dienstleistungs- und Socialfranchise. Socialfranchise kümmert sich um Menschen, die vom „normalen“ Weg abgekommen sind und diesen hilft wieder in die Gesellschaft zurückzufinden. Zum Beispiel werden diese als Fremdenführer ausgebildet. Auch in den Bereichen der Betreuung und Pflege werden solche Modelle entwickelt. Unter Socialfranchising ist auch die Entwicklung eines Modells bezeichnet, der die besonderen Fähigkeiten von sehbehinderten Menschen aufgreift. Diese können ihre Fähigkeiten beispielsweise bei der Brustkrebsvorsorge einsetzen. Die vierte Kategorie liegt in der Vergabe von Produktionslizenzen.

Vom Unternehmer zum Franchisegeber

Ein gutes Beispiel dafür ist die Kaffeerösterei Schärf. Nach der Übernahme des elterlichen Betriebes, ein klassischer Großhandel, war die Überlegung einen Mehrwert durch verbesserte Produktionauslastung und neue Produktentwicklungen zuzulassen. Das ist der Kern dieses Franchisesystems. Wenn man mit einer gute Idee nach Außen geht besteht die Möglichkeit sich mit anderen Unternehmern auf Augenhöhe zu unterhalten und voneinander zu lernen.

Schärf ist mittlerweile sehr stark in Osteuropa unterwegs und vergibt ein Kaffeefranchisekonzept. Der Servicegärnter ist ein anderes Beispiel. Er nimmt nur ausgebildete Gärtner. Diese teilen sich das Marketing und bestimmte Bereiche. Alle profitieren gemeinsam davon. Im Dienstleistungsbereich ist das noch etwas Neues. Wenn etwas reproduzierbar ist und zur Weitergabe geeignet ist, dann kann das immer ein Thema für Franchising sein.

Wie arbeitet man so ein Franchisesystem überhaupt aus?

Der Verband spielt dabei eine zentrale Rolle. Hier gibt es ein großes Netzwerk, dass sich mit den relevanten Themen auseinandersetzt. Ein Beraternetzwerk, bestehend aus Rechtsanwälten, Entwicklern und Beratern für Handbücher eines Systems, Kommunikationsmedienberater und IT-Fachleute steht hier zur Verfügung.

Will man vorab eine Ausbildung machen bieten die Privatuni aus Seeburg in Salzburg und eine klassische Franchiseschule aus Weilburg in Deutschland die Möglichkeiten dazu.

 

Nachzuhören am Ende des 2. Teils des Interviews mit Carina Felzmann:

Nicht überall wo Franchise draufsteht ist auch Franchise drinnen!

Die ordentlichen Mitglieder des Verbandes müssen sich einem Systemcheck unterziehen. Das System wird von einem externen Institut überprüft ob das Qualitätsniveau zum Thema Franchise dementsprechend aufgebaut und gelebt wird. Wichtig vor der Entscheidung Franchisenehmer zu werden ist das genaue Hinschauen auf das System für das ich mich interessiere. Vergleichen, nachfragen, erkundigen, überprüfen usw. bevor man diesen Entschluss fasst. Auch klar muss sein, dass das Franchisesystem  bestimmte Prozesse etc. vorgibt und sich der Franchisenehmer unterordnen muss. Dennoch muss eigenverantwortlich gehandelt werden und die Bereitschaft da sein auch ein Risiko einzugehen. Man sollte auf jeden Fall einen Franchisegeber nach dem Handbuch fragen in dem das System klar und sauber dokumentiert ist. Der Businessplan wird gemeinsam mit der Systemzentrale erstellt. Auf Grundlage der Potentialanalysen wird dieser Businessplan adaptiert und passgenau erstellt. Das zeichnet ein qualitativ hochwertiges Franchisesystem aus. Bei den Neugründungen im Franchising scheitern im Durchschnitt eben nur 4%.

Wie sieht es mit Ausstiegsszenarien aus?

In dem schon angesprochenen Beraternetzwerk sind Rechtsexperten dabei. Es ist klar geregelt welche gesetzlichen Schritte eingehalten werden müssen. Was ist an Abschlagszahlungen und an Übernahme der Kundenstöcke zu berappen etc. Bei uns werden diese Dinge im Vorhinein fixiert. Es braucht ein ganz klares Regelwerk um so etwas gut abzuwickeln.

Eine gute Partnerschaft ist, wenn man den Vertrag im Laufe der Zusammenarbeit nicht zur Hand nehmen muss. Denn sonst läuft etwas schief und macht somit keinen Spaß mehr.

 

RADIO-UWEB im Gespräch: Franchise Teil 2 – Messe Organisatorin Carina Felzmann »

 

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