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Kommentar: Die Kunst erfolgreich zu Scheitern – über den positiven Umgang mit negativen Erfahrungen

© 3D Rendering: www.corporate-interaction.com

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„Wir haben es mit einer Generation Null Fehler zu tun, die sämtliche Bereiche des Lebens auszutarieren versucht. Wer das nicht hinkriegt, gehört zu den wirklichen Losern, von denen man sich besser fernhält.“ Das sagt Deutschlands bekanntester Soziologe Heinz Bude. Nicht von ungefähr war sein letztes Buch „Die Gesellschaft der Angst“ ein absoluter Bestseller.

Scheitern ist nicht vorgesehen

In einer Gesellschaft, die getrieben ist von einer Angst zu Scheitern, ist ein positiver Umgang mit negativen Erfahrungen und Versagen eigentlich unmöglich. Wer Verantwortung trägt darf nicht scheitern! Wer trotzdem scheitert ist schuldig. Das gilt gleichermaßen für das persönliche und das berufliche Leben.

Aber gehört Scheitern nicht zum alltäglichen Leben? Als Kind haben wir viele Dinge so lange ausprobiert, bis wir damit umgehen konnten. Try & Error, wie es neuhochdeutsch heißt, ist aber offenbar ein Prinzip geworden, das in der heutigen Wirtschaft und der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert wird. Schon Kinder dürfen nicht mehr Scheitern – sonst könnte es das Rollenbild der „Helikoptereltern“ nämlich gar nicht geben.

Berufliches Scheitern als Katastrophe

Wer beruflich scheitert ist ein Verlierer, der stigmatisiert ist. Wir denken zwar in verschiedensten Szenarien, aber Scheitern ist (allermeistens) nicht eingeplant. Das Scheitern wird offenbar nicht mehr zugelassen. Früher hieß der stille Gesellschaftsvertrag „Wer will, kann“, heute lautet die allgegenwärtige Drohung „Wer nicht aufpasst, rutscht“. So formuliert es Heinz Bude.

Letztlich ist es unmöglich nicht zu Scheitern. Allein die Komplexität unserer Welt, die sich in unseren viel zu kleinen „Wirtschafts- und Voraussagemodellen“ in keiner Weise abbilden lässt, kann letztlich und langfristig nichts anderes zulassen als oftmaliges Scheitern.

Leider fehlt uns aber die Kultur dazu, damit wirklich umzugehen. An dieser Stelle kommt immer das Modell USA, das angeblich so gut mit dem unternehmerischen Scheitern umgehen kann. Leider sieht auch dort die gesellschaftliche Wirklichkeit in Bezug auf das Scheitern anders aus, als es gerne dargestellt wird. Was sicherlich anders ist, ist die Tatsache, dass in Amerika der Pioniergeist noch immer zählt und damit der Respekt vor Menschen, die bereit sind, ein unternehmenerisches Risiko einzugehen.

In unserer „gelebten“ Bürokratie hier im beschaulichen Österreich hatte und hat die Risikovermeidung schon immer eine hohe Priorität und ist zum obersten Prinzip erhoben worden. Dabei muss der Pioniergeist zwangsläufig auf der Strecke bleiben und Unbeweglichkeit, Veränderungsresistenz und Starrheit wird belohnt. All das sind keine wirklich unternehmerischen Prinzipien. Die Folgen in einer sich immer schneller drehenden Wirtschaft spüren wir ja mittlerweile schon gewaltig, man muss nur die Arbeitslosenzahlen anschauen.

Scheitern = Chance

Scheitern hat aber viele gute Seiten, denn es zeigen sich nicht nur die Fehler, die begangen wurden, sondern das Scheitern zeigt auch klar die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit auf – auch wenn es schmerzhaft ist. Damit hat man aber die Chance das nächste Mal besser zu trainieren und besser zu sein. Als Unternehmer und Stratege plädiere ich schon länger dafür das Scheitern nicht auszuschließen, sondern als Teil der Strategie mit einzuplanen. Denn gelingt es Innovationsprozesse so zu gestalten, dass Scheitern in Teilbereichen möglich ist, ohne dabei das große Ganze zu gefährden, so ist es leichter die Grenzen des Möglichen und deren Randbedingungen zu erfahren und damit zukünftig besser zu agieren.

Das ist ähnlich wie beim Sport, bei dem man das Scheitern im Training als Teil des ganzen Prozesses in Kauf nimmt. Das sich selbst und damit sein Unternehmen an die Höchstleistung heranführen bedarf also des täglichen Trainings. Und damit eines entsprechenden Trainingsplans!

Freiheit des Handelns benötigt Anleitung

Eine weitere Tatsache in Zusammenhang mit dem Scheitern sind die vermeintlichen Freiheiten, die den MitarbeiterInnen gerne gewährt werden. Vermeintlich deshalb, weil wir ihnen viele Freiheiten für die Zielerreichung gewähren, aber ihnen in vielen Fällen nicht das „Wie komme ich zum Ziel“ mitgeben. Dazu kommt, dass Scheitern ebenfalls absolut ausgeschlossen ist.

Dieser Zustand schafft ein Klima, das von Vorsicht, Entscheidungsschwäche und Absicherungsmaßnahmen gekennzeichnet ist. Das führt zum Best-Practice Prinzip, da nur mehr schon erfolgreich eingesetzte Maßnahmen zum Zug kommen können. Best-Practice Prinzip bedeutet in der Realität aber, dass etwa maximal das 2. Beste sein kann, da die Innovation fehlt das vorangegangene zu übertreffen.

Management-by-Objectives wird zur Innovationsbremse und die Bereitschaft zur Veränderung bleibt auf der Strecke. Nur ganz wenige Mitarbeiter sind wirklich in der Lage Höchstleistungen zu bringen, wenn permanent das Damoklesschwert des Scheiterns über Ihnen schwebt.

 

Quellen:

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/gesellschaft-der-angst-heinz-bude-ueber-die-40-jaehrigen-a-994694.html

http://www.jungunternehmertag.com/index.php?id=start

http://www.fuer-gruender.de/blog/2015/07/scheitern-in-den-usa/

 

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