Site icon unternehmerweb

Ein Aussitzen der Krise ist nicht möglich! – Führen ohne Planungssicherheit

Je länger die Coronakrise andauert, desto weiter rückt deren Ende in die Zukunft. Vielleicht gibt es auch gar kein Ende im eigentlichen Sinne. Der Umgang mit dem Coronavirus ist nicht nur auf der medizinischen Ebene ein riesiges Problem. Wie es mittel und langfristig weitergeht wird immer unklarer statt erkennbarer. Wie wirkt sich das auf Unternehmen aus? Was bedeutet das für das Thema Führung in der Pandemie?

Führung in der Pandemie

Führung ohne Planungssicherheit gehört zu den vermutlich schwierigsten Aufgaben. Plan A, B oder C  – Normalerweise werden Szenarien entwickelt und Führung hat die Aufgabe diese Pläne zu verwirklichen. Was aber, wenn keine funktionierenden Pläne mehr gemacht werden können? Einen Umsatzrückgang beim Tourismus von 93% wie in Juli in Wien, kann man in Wahrheit kaum planen!

Wie kann man nun Führung in der Zeit maximaler Unsicherheit anlegen? Heute stelle ich aus meiner ganz persönlichen Sicht drei Zugänge vor, wie Führung in Zeiten schlechter Planbarkeit und großer Veränderung funktionieren kann.

Führung aus Sicht eines Musikers

Die große Kunst in der Musik ist nicht die perfekte Beherrschung des Instruments, sondern die noch höhere Kunst der Improvisation. Schon die großen Komponisten der Klassik ließen den guten Solisten ihre Freiräume (die sogenannten Kadenzen), in den sie sich in ihrem innersten musikalischen Wesen dem Publikum zu offenbaren konnten. In der modernen Musik geht es in vielen musikalischen Stilrichtungen noch deutlich weiter und die Improvisation der Musiker einer Band wird zur Zündkerze gewaltiger Emotionen bei Musikern und Zuhörern.

Doch diese scheinbar mühelose Improvisation ruht auf einem komplexen Fundament. Dazu gehört es, sich seines eigenen Könnens absolut sicher zu sein und das Wesen der musikalischen Struktur, über die man improvisiert, vollständig verinnerlicht zu haben. 95% einer Improvisation entstehen aus dem hundert- und tausendfach Geübten. Dieses viele Üben gibt dem Musiker die Freiheit, sich selbst und anderen während des Spieles zuzuhören und dann intuitiv und von der inneren Emotion geführt zu entschieden, was nun wie gespielt wird. Improvisieren heißt auch immer Dinge auf der nichtrationalen Ebene geschehen lassen.

Das innere und äußere Hören ist letztlich das zentrale Element der Improvisation, das gilt auch dann, wenn man nur alleine musiziert. Daraus leitet sich das eigentliche Tun der Improvisation ab, das sowohl in Melodie, Rhythmik und Harmonie einen emotional erfahrbaren Sinn ergeben muss. In einer Improvisation gelingt es den Musiker*innen sich abwechselnd gegenseitig zu führen, wobei in fast jedem Moment klar ist, wer gerade die Führung hat. Unternehmen die ähnlich funktionieren wie eine Jazzband in einer Improvisation haben jetzt die besten Chancen die Krise erfolgreich zu bewältigen. Weil der Team-Spirit sehr weit tragen kann und die Führung auf verschiedenen Schultern ruht und der Bandleader doch unumstritten ist.

Führung aus Sicht eines Langstreckenläufers

Die berühmte Einsamkeit des Langstreckenläufers hat nicht nur Raymond Chandler zu seinem berühmten Roman inspiriert. Sie ist auch inspirierend, wenn man das Wesen des Langstreckenlaufens einmal verinnerlicht hat. Langstreckenlauf ist nicht, wie vielfach angenommen, ein Kampf gegen sich selbst, nein es ist das erfolgreiche in Einklang setzen von Körper und Geist mit den Ziel in sich und der Welt zu sein. Zu Ruhen wäre nämlich der falsche Ausdruck. Diese Erfahrung des Seins in Sich und der Welt, bringt einem eine entscheidende Eigenschaft, die für Führung in komplexen Situationen grundlegend ist: Gelassenheit. Die Erfahrung dieser Gelassenheit bildet die Grundlage intuitiv gute und letztlich nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Wir Menschen sind nicht dazu geschaffen, komplexe Situation durch die perfekte Analyse aller Parameter zu bewältigen, sondern im Gegenteil intuitiv zu handeln. Alles andere würde uns schlicht überfordern. Doch um tragfähige Entscheidungen intuitiv zu treffen braucht ein eine solide Basis der Besonnenheit, deren Basis auf Gelassenheit ruht. Also laufen Sie viel und spüren Sie die Gelassenheit, die sich bei Langstreckenläufen einstellt. Ein kleiner Hinweis: Laufen Sie so wie sie sich fühlen und vergessen sie die Sportuhr. Laufen Sie so, dass sie den Flow erfahren. Messgeräte verhindern das meistens.

Führung aus Sicht eines Unternehmers

Aufbauend auf der Erfahrung der Improvisation und der Besonnenheit sollte es in Zeiten der Unsicherheit intuitiv gelingen, das Unternehmen durch die Krise zu führen. Hat man in guten Zeiten immer wieder Führung geübt, dann sollte die Improvisation nun also gelingen. Der lange Atem des Landstreckenläufers ist mit Fortdauer ebenfalls ein wichtiger Bonus. Leider ist es nicht ganz so einfach.

Komplexe Situation vertragen keine einfachen Lösungen, denn einfache Lösungen zerstören komplexe Systeme. Das Festhalten an Altbewährtem ist in Zeiten des schnellen Wandels kaum eine Option. Was aus meiner Erfahrung hilft ist Offenheit, Transparenz und das auf den Weg bringen von Prozessen, die die Zukunft des Unternehmens beinhalten. Ein guter Freund und Manager eines sehr großen innovativen Unternehmens, hat seine Mitarbeiter am ersten Höhepunkt der Coronakrise dazu motiviert intensiv und natürlich ergebnisorienteiert über die Lage des Unternehmens in fünf und zehn Jahren nachzudenken. Aus der Sicht vieler Mitarbeiter ein Ding der Unmöglichkeit. Weil man dazu seine angestammte und oft bequeme Denkweise radikal verlassen muss, ist das ein besonders guter Ansatz in einer Zeit, die das radikale Verlassen der klassischen Denkmuster erfordert.

Bleiben Sie Gesund und haben Sie Erfolg.

Exit mobile version