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Geldfresser im Unternehmen – Heizen I: Eine kleine volkswirtschaftliche Betrachtung

Energie ist das wichtigste Gut jeder modernen Gesellschaft.

© Visual: www.corporate-interaction.com

Die Industrielle Revolution hat stattgefunden, als es möglich war in großem Stil Kohle untertage abzubauen. Das Städtewachstum explodierte, als Strom und Gas dafür sorgten, dass das tägliche Leben unabhängig vom Tageslicht wurde. Das Automobil eroberte die Welt, weil fossile Treibstoffe zur Verfügung standen. Energieträger mit hoher Energiedichte ermöglichen erst die Mobilität die aus der vernetzten eine globalisierte Welt machen.

In den nächsten Wochen werden wir uns auf unternehmerweb.at mit verschiedenen Aspekten der Energie und dem Energieverbrauch in Unternehmen widmen.

Heizen und Mobilität – die großen Brocken

2012 wurden in Österreich 91,5 Mrd. kWh für das Heizen verbraucht. Das entspricht ziemlich genau 30% unseres Gesamtenergieverbrauches. Das ist umgerechnet der Heizbedarf von 6.100.000 Einfamilienhäusern. Zum Vergleich: In Österreich gab es 2011 eine Gesamtbestand von rund 2,2 Mio Gebäuden.

Der Energieverbrauch für das Heizen rangiert gleich nach dem Bedarf für unsere Mobilität an zweiter Stelle. Der größte „Energiefresser“ in Österreich ist der Mobilitätsbereich. Österreich benötigt dort 100 Mrd. kWh und damit 32% des Gesamtenergieverbrauches. Der Gesamtenergieverbrauch in Österreich lag 2012 bei 304 Mrd. kWh.

63% Abhängigkeitsgrad von ausländischer Energie

2012 wurde mehr als 63% aller in Österreich verbrauchter Energie importiert. Österreichs Auslandsabhängigkeit liegt deutlich über dem europäischen Durchschnitt, der sich bei rund 53% befindet. Innerhalb Europas bestehen diesbezüglich sehr große Unterschiede. Die USA zum Beispiel importierte 2012 nur 15,5% seiner Energie.

17,3 Milliarden Euro Kosten für Energieimporte

Energieverbrauch im Haushalt; Quelle: AG Energiealliamz

Die Energieimporte summierten sich 2013 auf geschätzte 17,3 Mrd. Euro. Den Löwenanteil gibt Österreich für fossile Energieträger wie Öl und Gas aus. Das Geld fließt großteils in Länder, in denen Machthaber demokratische Grundwerte ignorieren. Unser Geld kommt der dortigen lokalen Bevölkerung also meist nicht zugute.

Für das Heizen gibt Österreich jährlich rund 5 Mrd. Euro in Form von Energieimporten aus. Würde es gelingen 20% der Heizenergie beispielsweise mittels nahezu frei verfügbarer Solarenergie zu erzeugen, würden wir uns pro Jahr rund 1 Mrd. Euro an Importen ersparen.

Heizungsaufwand im Unternehmen und negatives Heizen

Die Lastprofile für die Heizung von Wohngebäuden sind in Österreich hinlänglich bekannt und damit die Wohnraumheizung eine Standradanwendung. Die Anforderungen sind klar definiert und durch verschiedene Normen und Vorschriften vorgegeben und bestimmt.

Im Unternehmensbereich gilt dies nur bedingt, denn die Anforderungen sind vielfach wesentlich komplexer. Beispielsweise das Heizen von Hallen, die Produktionsmaschinen die viel Abwärme produzieren beherbergen. Während Bürogebäude in mancherlei Hinsicht noch mit Wohngebäuden zu vergleichen sind, erfordert eine industrielle Produktion umfassende Überlegungen, um mit dem Thema Raumwärme sinnvoll umgehen zu können.

„Negatives“ Heizen, oder anders ausgedrückt Kühlen, ist in vielen Unternehmen eine Notwendigkeit, die sich in beträchtlichem Maße bei den Herstellungskosten von Produkten wiederschlägt. Spätestens jetzt wird es für diese Unternehmen nötig sein sich eine gute Energiestrategie zu überlegen. Energierückgewinnung, die sich teileweise erstaunlich schnell rechnen kann, ist dabei nur eines der vielen Stichworte.

Der Energiepreis für fossile Energieträger hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt

Lag der Heizölpreis 2004 im Jahresmittel bei rund 40 Euro pro 100l ohne Zustellgebühren, so markiert das Jahresmittel in 2014 bei 81 Euro. Das Jahresmittel der letzten drei Jahre 2012 bis 2014 betrug sogar 87 Euro/100l Heizöl. Vor wenigen Jahren noch hätte die Analyse hier geendet, denn der Ölpreis war der Anker für den Gaspreis. Da sich das Angebot und die Nachfrage für Öl in den letzten Jahren anders entwickelt haben als die für Gas, entwickelten sich die Preise auch dementsprechend unterschiedlich. Bei Gas sieht die Bilanz etwas besser aus. Von knapp unter 5 Cent/kWh in Jahre 2004 ist der Gaspreis auf durchschnittlich 8,5 Cent/kWh im Jahr 2014 gestiegen. Das entspricht einer Preissteigerung von mehr als 70%. Für Großverbraucher sieht die Bilanz etwas anders aus, das Verhältnis der Preissteigerung ist damit durchaus vergleichbar.

Die letzten Tage billigen Erdöls

Während wir vermutlich gerade die letzten Tage billigen Erdöls, der niedrige Preis ist teilweise dem Fracking Boom bei Schieferöl in den USA geschuldet, erleben, verknappt sich das Gasangebot auch zukünftig nicht so stark. Politisch erzeugte Knappheit, wie beispielsweise durch die Ukrainekrise verursacht, lässt sich aber schwer voraussagen. Gerade im Gasbereich hat sich Europa entschlossen stark auf die Russische Karte zu setzen.

In Mobilitätsbereich ist die Menschheit ungleich stärker von Erdölprodukten abhängig, als im Heizungsbereich. Diese Überlegungen sollten Grundlage jeder Energiestrategie eines Unternehmens sein. Zum Thema Fracking und dessen Mythos verweisen wir auf unser RADIO-UWEB Interview mit dem Energieexperten Georg Guensberg, der sehr gut erklärt, warum Fracking für Österreich kaum eine gangbare Lösung darstellen wird und warum diese Einschätzung nicht für andere europäischen Länder gilt!

Heizen mit heimischen Ressourcen?

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Volkswirtschaftlich gesehen ist es sicherlich sinnvoll über Alternativen zu den Energieimporten im Heizungsbereich allein deshalb nachzudenken, um aus der Abhängigkeitsspirale herauszukommen. Ansatzpunkte sind genügend vorhanden. Holz als heimischer Rohstoff, Solar- und Windenergie sowie Luft- und Erdwärme sind lokale Ressourcen, die vielen Unternehmen zur Verfügung stehen und meist relativ einfach zugänglich sind. Aber auch nicht realisiertes Einsparpotenzial aus verbesserten Prozessen, besser gedämmten Gebäuden und dem Einsatz von energieeffizienteren Technologien sind Möglichkeiten, die Energierechnung im Unternehmen nach unten zu drücken. Das spart nicht nur Kosten, sondern verbessert auch die Wettbewerbsfähigkeit.

Volkswirtschaftlich sinnvoll, betriebswirtschaftlich aber nur langfristig darstellbar

Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht besteht ein erhebliches Potential an einer verbesserten Energiehandelsbilanz, die automatisch mit einer verringerten Abhängigkeit von Energieimporten und größerer Autonomie und wachsender Autarkie einherginge. Betriebswirtschaftlich sind aber viele der dafür nötigen Investitionen nur über lange Abschreibungszeiträume darstellbar und der realisierbare Gewinn erst Jahre später zu lukrieren.

Gute Entscheidungen in komplexen Situationen treffen

Für viele Unternehmen sind Energiekosten insbesondere das Thema Heizung ein Nebenschauplatz. Sind es doch die Lohnkosten, die vordergründig im Fokus stehen. Das drohende Szenario einer Lücke in der Erdgasversorgung oder dem kompletten Ausfall der irakischen Produktion (4% des Weltölbedarfs) durch politische Unruhen kann diesen Fokus sehr schnell und durchaus nachhaltig verändern. Was passiert wenn die Lage, wir wollen es nicht hoffen, tatsächlich eskaliert und ernsthafte Versorgungslücken auftreten? Welche Teile der österreichischen Wirtschaft würden zuerst stillstehen?

Auch das Thema Klimawandel rückt in Österreich immer mehr ins Zentrum. Zwei Jahrhunderthochwasser binnen 11 Jahren können nicht einfach ignoriert werden. Steigende Temperaturen wirken sich immer mehr negativ auf den Tourismus aus. Alle diese komplexen Zusammenhänge lassen sich in vielen auch kleineren Unternehmen nicht mehr so einfach ausblenden. Deshalb ist es sinnvoll sich mit dem Thema Energie im eigenen Unternehmen auf verschiedenen Ebenen auseinanderzusetzen.

Das die Heizung für viele Unternehmen ein interessanter Ansatzpunkt für ein strategisches Vorgehen sein kann, wollen wir diese in der nächsten Folge „Geldfresser im Unternehmen“ beleuchten.

 

Weitere Artikel asu der Serie Gedlfresser im Unternehmen:

Serie Geldfresser im Unternehmen – Heizen Teil II: Der Heizungstausch »

 

Quellen:

http://www.statistik.at

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_und_umwelt/energie/nutzenergieanalyse/022719.html

http://www.industriemagazin.at/a/energieversorgung-oesterreichische-energieimporte-explodieren

http://www.tecson.de/pheizoel.html

https://www.unternehmerweb.at/portrait/radio-uweb-im-gespraech-georg-guensberg-energiepolitik-fracking-mobilitaet-energiepreise-und-klimapolitik/

https://www.unternehmerweb.at/portrait/georg-guensberg-ueber-vieles-was-energiepolitisch-relevant-ist-und-wie-wir-zukuenftig-damit-umgehen-koennten/

http://www.propellets.at/wpcms/wp-content/uploads/201409_jadup_gop.pdf

 

 

 

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