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Pro & Contra: Online Messen

Eine Messe im wirtschaftlichen Sinne ist eine zeitlich begrenzte, wiederkehrende Marketing-Veranstaltung. Sie ermöglicht es Herstellern oder Verkäufern einer Ware oder einer Dienstleistung, diese zur Schau zu stellen, zu erläutern und zu verkaufen. Der Ausdruck Messe bezeichnet im Kontext mittelalterlicher Geschichte einen einmal oder an mehreren bestimmten Tagen im Jahr abgehaltenen Waren- bzw. Geldmarkt, der sich vom Jahrmarkt durch seine überregionale Bedeutung abhob. Soweit – so Wikipedia.

Doch im Jahre 2020 ist plötzlich alles anders. Großveranstaltungen, wie es Messen im Normalfall sind, finden coronabedingt nicht mehr statt. War im Frühjahr der abgesagte Genfer Autosalon noch eine Zäsur, so ist die ausschließlich digitale Frankfurter Buchmesse anscheinende ein Teil der „neuen Normalität“. Doch sind digitale Messen überhaupt eine Alternative zu den klassischen Messen?

Pro digitale Messe

Heutzutage führt der Mensch seine Welt in der Hosen- oder Handtasche mit sich. Das Internet im Smartphone-Format hat unsere Welt durchdigitalisiert. Gleichzeitigkeit und Nichtlinearität des Mediums ergänzen sich perfekt. Was früher das Kaffeehauskränzchen war, sind heute die Messangerdienste, mit dem Vorteil alles auch gleich noch teilen zu können.

Der Schritt in die Onlinewelt für Messen ist ein logischer. Der virtuelle Messestand ist einfach eingerichtet und die Besucher können gemütlich auf der Coach, in der U-Bahn oder auch im Büro pardon Home Office den Messebesuch absolvieren. Kein Stau zum Messegelände, kein langer Fußmarsch zu den Ausstellungshallen, keine Zimmersuche Monate vorher und keine Schwielen an den Füßen von langen herumgehen. Einfach einloggen und schon ist man in medias res ganz bequem in den Hauspatschen.

Die Aussteller sparen sich viel Geld und können ihre digitalen Marketingaktivitäten gebündelt zeigen. Die Keynote und die Fachvorträge im Streamingformat lassen digital gesehen viel mehr technische Spielereien zu und überhaupt ist das schreiben (von Chats) eh das neue Sprechen. Und nachdem uns Corona das „Videokonferenzen“ gut gelehrt hat, ist der Videochat zwischen Mitarbeiter*innen und  Kund*innen der reinste Spaziergang. Das einzige Problem ist sicher die fehlende Bewirtung der potentiellen Standbesucher. Gerne hätte man den guten Kaffee und die feinen Häppchen den Besuchern kredenzt. Der Replikator aus Raumschiff Enterpreise wird erst in zwei Jahrhunderten erfunden werden.

Und noch ein wichtiges Argument in Zeiten des Klimawandels. Die Belastung der Umwelt wird durch Online Messen natürlich stark reduziert. Kein Messetourismus, die Anreise per Auto oder Flugzeug entfällt, keine Müllberge fallen auf den Messeplätzen an und der ganze Messebau samt aufwendiger Logistik entfällt. Das macht es auch kleineren Anbietern leichter im harten Wettbewerb zu bestehen und schont die Umwelt.

Contra Online Messe

Der Markt läuft heute 24/7/365. Die digitalisierte Gesellschaft kennt keine Auszeit mehr. Always on – das Motto der postmodernen digitalen Gesellschaft. Fast könnte man das glauben, wäre das nicht das Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Corona bringt die Gesellschaft an die Grenzen und die fehlenden menschlichen Kontakte sind ein großes Problem so die Psychologen, gerade für Firmen mit deren Mitarbeiter*innen, Kund*innen und Lieferant*innen. Gilt nicht zuletzt im Marketing der persönliche Kontakt als das abschlussstärkste Instrument.

Messen waren Orte, an denen man sich persönlich begegnet ist. Hier konnte man am Stand im persönlichen Gespräch sehr leicht einschätzen, wie die weichen Faktoren eines Ausstellers und deren Mitarbeiter*innen beschaffen sind. Vertrauen als wichtigster Faktor stabiler Geschäftsbeziehungen konnte sich an den Messeständen gut entwickeln und gedeihen.

Das alles kann eine digitale Version einer Messe nicht oder nur sehr schwer und umständlich. Und welche entscheidende Information gibt es auf einer Messe, die ich nicht sowieso im Internet auf der Hersteller- und Händlerwebsite finde? Und die menschlichen Faktor und die Konnotation, lassen sich sowieso nur krückenhaft in Chats und Videos abhandeln.

Die 24/7/365 Gesellschaft hat viele Dinge obsolet gemacht. Welche Jugendlichen telefonieren heute noch? SMS, vor 10 Jahren noch der Grenzkriterium für den Handyvertrag – heute, was ist SMS? Also: Digitale Messen – Wozu???

Dinge verschwinden. Das Auto hat die Kutschenbauer aussterben lassen und die Sozialen Medien brauchen keine digitalen Messen. Freuen wir uns also wieder auf (hoffentlich coronafreie) Zeiten, wo in großen menschgefüllten Hallen Waren und Dienstleistungen angepriesen werden und die Geschäfte nicht per Mausklick sondern per Handschlag getätigt werden und die abgefahrene Standparty die eine oder andere (Geschäfts-)Beziehung in stürmische Gewässer führt.

 

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