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Ausbeutung von Praktikanten und Trainees in der Kreativwirtschaft

ausbeutung

© Florian Kowatz

Ausbeutung von Praktikanten beginnt meist so: Für viele Kreative ganz normal und gegeben: Nach dem Studium begibt man sich in ein Praktikum in eine Agentur, die nahe am persönlichen Wunscharbeitgeber liegt. Es geht darum das Gelernte aus dem Studium im stressigen Werbe- oder Design-Alltag anzuwenden und zu sehen, wie gut man für den Alltag in der Kreativbranche gewappnet ist. Leider wird es oftmals auch noch als normal gesehen, dass ausgebildete Kreative drei oder gar vier Praktika machen müssen, um überhaupt erst in die Rolle eines Trainees (Vorstufe einer fixen Position) zu kommen.

Junge Kreative als Opfer der Wirtschaft

Das Kreative in unserer offenen Marktwirtschaft prekarisiert werden, ist nichts Neues. Zu diesem Thema gibt es mehrere zeitgenössische und aktuelle Studien. Das junge Kreative aber innerhalb der Kreativwirtschaft ausgebeutet werden ist allerhand (man könnte meinen der Affe beißt sich selber in den Allerwertesten). Dabei geht es nicht nur um monetäre Themen, sondern auch das Zwischenmenschliche — die tatsächliche Wertschätzung von Menschen und die Investition in die positive Weiterbildung junger Kreativer. Da sind wir schon beim Thema: Bildung. Junge Menschen im Praktikum sind ja tatsächlich da, um Dinge ausprobieren zu dürfen und etwas Neues zu lernen.

Hilfsarbeit oder billige Arbeitskraft?

Praktikanten oder Trainees werden in Agenturen oftmals als billige Arbeitskraft oder für Jobs benutzt, für die andere Mitarbeiter_innen „zu schade“ sind. Da geht es um das runterlayouten von Anzeigen, Bildrecherche oder Zuarbeit von stumpfsinnigen Aufgaben. Was auch okay ist — Praktikant_innen sollen und dürfen aushelfen, wenn es nötig ist. Aber nicht nur. Selten wird man erleben, dass Praktikant_innen bei wirklichen Schlüsselmomenten in Projekten anwesend sein, oder höheren Kreativen einfach mal über die Schulter blicken dürfen, um im richtigen Moment fragen zu stellen. Wie schön wäre es, wenn der oder die Praktikant_in auch mal eine Zeit im Chefzimmer verbringen dürfte, um zu lernen, was dort so tickt. Da werden letztendlich die Entscheidungen gefällt, mit denen Projekte gelingen oder scheitern.

Sei froh, dass du hier arbeiten darfst

Es gibt Praktikumsplätze, bei denen Menschen im Praktikum nichts verdienen. Nichts im Sinne von „Zero Euro“. Dann gibt es sogar Praktikumsplätze bei denen man nichts verdient und zusätzlich ein kleines Investment unternehmen muss, um es machen zu können. Angefangen vom Pendeln, bis hin zur teuren Miete in der fremden Stadt. Das macht es nicht besser, denn die oben genannten Punkte (Hilfsarbeiten und billiges, ewiges Hackeln) bleiben bestehen. Es baut Frust auf, wenn man als lernwilliger, ambitionierter Kreativer nicht gehört wird, oder nicht die Chance hat in seinem Team in einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe zu treten. Ist der entscheidende Moment für ein wirkliches Feedback gekommen, tritt dieser Frust natürlich zu Tage. Da hören Praktikant_innen oder Trainees oftmals von Vorgesetzten Dinge wie „Alle anderen würden sich zehn Finger abhacken, um hier arbeiten zu dürfen. Sei dankbar, dass wir das für dich tun!“

Ein Beinschuss: Ausbeutung von Praktikanten

So hab ich in meiner 15-jährigen Laufbahn als führender Kreativer oftmals gesehen, wie Designer einfach verheizt wurden, bis sie im Burnout lagen. Klar, das das Geschäft einer Agentur ist knallhart. Wir müssen um jeden Cent kämpfen und unsere Dienste viel mehr verkaufen, als andere. Wir machen Kunst, wir machen Wissenschaft, wir machen Handwerk. Alles auf einmal. Aber im Endeffekt halten wir diese problematische Stellung damit in der selben Schiene. Ich rate den Kolleginnen und Kollegen zur Achtsamkeit: Öfter mal innehalten und hinschauen, wie es den Mitarbeiter_innen geht. Öfter mal nachfragen. Ab und zu mal früher nach Hause schicken und ihnen sagen, sie sollen sich was Gutes tun. Öfter loben und Anerkennung zeigen. Anerkennung auch hin und wieder mit einem Bonus belohnen. Und (wirklich) lernen, dass Arbeitszeiten eingehalten werden müssen. Auch für Kreative gilt der Kollektivvertrag und Überstunden müssen ausbezahlt, oder mit eineinhalbfachem Zeitausgleich abgegolten werden.

Wer sich nun für ein Praktikum bewirbt oder jemanden für ein Praktikum sucht: Wien ist streng! Findet das Praktikum nicht zu Ausbildungszwecken statt und der_die Praktikant_in wird nicht ausreichend für die Arbeit bezahlt, so können hohe Strafen drohen.

 

 

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