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Dr. Roel Kragten, Senior Entrepreneur: … wherever I lay my hat, that’s my home

Dr. Roel Kragten, Baujahr 1953, ist gebürtiger Niederländer mit internationaler Erfahrung, wortgewandt und voller Tatendrang. Mit ein Grund warum er nun, im Feber 2016, einen wiederholten Start in die Selbstständigkeit wagt. Nachfolgend ein ausführliches, aber trotzdem sehr kurzweiliges Interview über seinen bisherigen Lebensverlauf und seine Motivation erneut durchzustarten

© Roel Kragten

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Wie war dein bisheriger beruflicher Werdegang? Welche markanten Stationen hat es dabei gegeben?

Nach meinem Neurobiologie-Studium war ich 2 Jahre lang in der Gehirnforschung tätig. Nach kurzer Arbeitslosigkeit bin ich anschließend bei einer niederländischen Großbank gelandet. Kurz bevor ich nach Österreich zog, hatte ich eine eigene Gruppe „Innovation“ und bekam das Angebot, stellvertretender Leiter der Division „Operations Research“ zu werden, wenn ich bleiben würde, was ich allerdings nicht getan habe.

In Österreich hatte ich zuerst eine Geschäftsführer-Position bei einem niederländischen Bodyleaser im IT-Bereich, danach dasselbe bei einer Großrechner- und Großprojekt-Firma mit dem Geschäfts-Schwerpunkt in Banken-Software, bis ich meine eigene Firma gründete – BrainWare Strategies Consulting. Im Jahr 2010 nahm ich allerdings ein verlockendes Angebot als Director CIO-Services bei Deloitte Consulting in Wien an, die aber sehr bald gecancelt wurde.

Mittlerweile in Kärnten gelandet und arbeitssuchend fand ich dann bei einer Firma, geführt von ehemaligen Mitstreitern, einen Job als Senior Consultant um mich aber recht bald auf eine erneute Selbstständigkeit vorzubereiten, obwohl eine Korridor-Pension bereits möglich gewesen wäre.

Innerhalb arbeitslosen Zeiten (auch in den Niederlanden) habe ich immer irgendwas gefunden, um aktiv zu bleiben und nebenbei etwas zu verdienen. Als Busfahrer / Touristenführer oder als Tankwart sammelt man sehr viele und wertvolle Erfahrungen im zwischenmenschlichen Bereich und Menschenkenntnisse im Generellen.

Du warst sehr international unterwegs!

Welche Erfahrungen und Tipps kannst du diesbezüglich weitergeben?

Als Sohn einer Seefahrer-Nation bin ich sowieso immer gerne unterwegs gewesen. Ich erinnere mich auch noch an Marvin Gaye’s Song: „Wherever I lay my hat, that’s my home“. Als alter Liebhaber des Soul wurde das wohl zu einem meiner Leitsätze.

Ich habe mich immer nach den Do‘s und Don’ts der jeweiligen Länder erkundigt, um die gröbsten Fehler zu vermeiden und um mir etwaige landeseigene Höflichkeitsformen anzueignen. Zusätzlich, obwohl ich mich, kundig in 4 Sprachen, sehr gut zurechtfinde, habe ich mir meistens die üblichen Begrüßungs-Formen (inkl. Gestik, wenn notwendig) in lokaler Sprache zu eigen gemacht. Des Weiteren verhalte ich mich offen und eher abwartend innerhalb einer „fremden“ Gesellschaft und verhalte mich eher bestimmt, wenn es das Geschäft betrifft und Erfahrung und Professionalität verlangt wird. Das hat bis jetzt immer gut funktioniert.

Ab wann reifte die Idee selbstständig tätig zu werden?

Als ich bei der letzten Firma, bei der ich tätig war, gemerkt hatte, dass kein Änderungswille vorhanden war, meine Argumente nicht angenommen wurden und es keine Investitionsbereitschaft gab, habe ich eine Firma gegründet um auf eigene Faust, mit Gründungsförderungen, die Machbarkeit dieser Ideen nachzuweisen. Im Hinterkopf hatte ich natürlich den Plan, wenn es nach diesem Versuch noch nicht klappen würde, mich selbstständig zu machen. Eine Konkurrenzklausel hätte dann natürlich auch nicht gegolten, da diese Geschäftsidee nicht umgesetzt werden würde. Ebenso ist Unternehmensberatung ein integrierter Teil der Dienstleistungen, wofür man eine Gewerbeberechtigung benötigt, die diese Firma nicht hatte. Fairness im Geschäft war für mich immer ein wichtiges Prinzip: Man trifft sich immer wieder auf dem kleinen spezialisierten Markt.

Wie lautet die Geschäftsidee und welches Leistungspaket ist damit verbunden?

Das Leistungspaket baut auf meinen fachlichen Kernkompetenzen und meinen Erfahrungen innerhalb mehrerer Branchen auf. In der maximalen Form gibt es drei Standbeine:
•    DACH Area Management für eine Banken-IT-Lösung (Banken und IT-Wissen und -Erfahrung vorhanden!) einer ungarischen Firma mit Wachstumspotential im Westen, vor allem bei kleineren und mittleren Instituten.
•    Nachhaltigkeits-Berichtswesen. Da möchte ich jetzt noch nicht zu viel erzählen, da größere Firmen mit mehr Investitionskraft mir den Markt wegnehmen könnten.
•    Branchen-Lösungen im ERP-Bereich. Da setzen wir auf Microsoft Dynamics, unsere Prozess- und Projekt-Erfahrung und die Unterstützung der Firma QBS, dem derzeit weltweit größten „Value add SMB distributor for Microsoft Dynamics“. Es hilft natürlich auch, dass das Unternehmen niederländisch ist und es, neben Sympathien, auch keine Sprachbarrieren gibt. Die ersten Branchen werden sicher im Versicherungs-(Makler-)Bereich, bei NPO’s und rundum alternative Energien liegen.

In dieser Kombination ist außerdem eine Basisauslastung gewährleistet. Hinzu kommt, dass damit auch eine breite Zielgruppe angesprochen wird, die sich von KMUs bis hin zu großen Unternehmen erstreckt. Dass in allen Fällen zeitgemäße Technologie eingesetzt wird, versteht sich von selbst!

Gerade in dieser Branche gibt es so manche Mitbewerber! Warum sollen sich Kunden gerade an dich wenden?

Die Kombination von moderner Technologie (wie z.B. Cloud-SW), stark individuell konfigurierbaren Standardlösungen, Erfahrung der Mitarbeiter mit Verfahren großer Beraterfirmen (Top Four), OPEX- statt CAPEX-Ansatz und an der Größe des Unternehmens angepasste Preise, stellen eine unschlagbare Kombination von Leistungsfähigkeit, Qualität und Preis dar. Zusätzlich sind unsere Lösungen auch noch intelligent, innovativ, zukunftsorientiert und flexibel!

Gab es zusätzliche Hürden, wenn man als älterer Mensch ein Unternehmen gründet?

Beim Gründungsprozess selber nicht. Bei einem älteren Menschen scheinen Investoren aber die gleichen Bedenken zu haben als Arbeitgeber. Mein Steuerberater (übrigens ein – verglichen mit mir – sehr junger Mensch) sagt dazu . . . „Die Leute kennen dich nicht persönlich und gehen von einer durchschnittlichen, österreichischen, Mentalität aus. Sie glauben nicht, dass jemand nicht vor hat bald in Pension zu gehen und eigentlich tätig sein möchte bis er umfallt.“

Das tut irgendwie weh. Damit nimmt man aber auch ein großes Entwicklungs-Potential vom Markt wovon viele profitieren könnten – inklusive die Investoren! Deshalb gefällt mir die Initiative VAWIS auch so gut (Anm.: Vereinigung aktiver Wirtschaftssenioren)!

Wie verlief die Gründung generell? Was war gut, was weniger?

Die Gründung an sich war kein Problem. Ich habe ja schon einmal eine GmbH gegründet und mit meinen Erfahrungen der letzten dreißig Jahre wäre das Ganze kein Problem gewesen. Das Überbrücken der Zeit und, weil ich mit meinem vorigen Unternehmen schon mein ganzes Kapital verloren hatte, das Lösen der finanziellen Notstände die dabei entstanden wären, hätten ein Problem werden können. An dieser Stelle muss ich dem UGP (Unternehmens-Gründungs-Programm) des AMS, die Unterstützung durch bit Management (Anm.: Auftragnehmer des UGP) und der Gründerunterstützung der WKK ein großes Kompliment machen.

Was ich nicht weiß, ist, ob jüngere potentielle Erstgründer genau die gleichen – richtigen – Fragen gestellt hätten wie ich. Da würde es, für „richtige Anfänger“, vielleicht hilfreich sein, einen Workshop „welche Fragen muss ich stellen um die richtige Unterstützung zu bekommen“ einzuführen. Nicht: „Welche Fragen muss ich beantworten um Gründer zu werden“.

Das Problem mit den Investoren bleibt!

Was würdest du – aufgrund der bisherigen Erfahrungen – anders machen?

Bei der Gründung selbst würde ich nichts anders machen!

Beim Betrieb würde ich mich nie mehr durch angebliche „Beratung“ einer Bank in die Irre führen lassen. Bei den ersten Problemen, wo ein Kunde komplett Pleite gegangen ist, hat die Bank mit mir geredet und gesagt: „Das ist ja nicht Ihre Schuld, wir wandeln den Minus-Stand (Anm. Kragten: nicht bezahlte Rechnungen des Kunden und fünf von mir bezahlte Mitarbeiter) in einen Kredit um und Sie haben das in mindestens zwei Jahren wieder erledigt“. Richtig wäre gewesen: Folgekonkurs, Schulden loswerden und durchstarten. Ich habe den Kredit nie richtig bedienen können, was mir im Jahre 2008 einiges kostete . . . Solche langfristigen Auswirkungen können fatal sein. Da sind ein paar Euro für Beratung durch einen Wirtschaftsprüfer / Steuerberater deines Vertrauens sicher nicht falsch investiert!!

Welche Tipps kannst du abschließend noch weitergeben?

Außer dem Tipp, am Ende der vorigen Frage, würde ich sagen:
Bleib immer fair und sauber
Lass keine Politik oder Freunderlwirtschaft ins Geschäft, mache alles auf Kompetenz und Qualifikationen basierend. Alle Geschäfte, die man anders macht, fliegen irgendwann auf und Freunde oder Politiker lassen dich fallen sobald die eigenen Interessen gefährdet sind . . .
Sorge immer für ausreichende Weiterbildung, „Up-to-date“- Kenntnisse und fördere Innovation
Obwohl angelsächsische Wirtschaft einen „harten“ Ruf hat . . . es ist eine gute Orientierung.

Deshalb:
Betreibe Marktforschung und mache einen realistischen Business-Plan
Verwende Vorlagen die Investoren und Kreditgeber verstehen
Definiere dein USP klar und realistisch – Achte auf die Vermarktbarkeit!!

Kümmere dich aber immer um die „Triple Bottom Line“: People, Planet, Profit (Ohne Profit gibt es langfristig keine Arbeitsplätze!!)

Lieber Roel, vielen Dank für das Interview!

 

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