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How to…: Umgang mit Mobbing am Arbeitsplatz

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Psychoterror und Unterdrückung am Arbeitsplatz. Mobbing gibt es in jeder Lage des Lebens: In der Schule, im Internet und auch im beruflichen Alltag. Es schadet dabei in erster Linie der gemobbten Person, darüber hinaus aber auch dem Arbeitgeber, der aufgrund der verringerten Arbeitsleistung, der erhöhten Fehleranfälligkeit sowie vermehrter Krankenstände der betroffenen Mitarbeiter mit wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen hat.

Nicht jeder Konflikt am Arbeitsplatz ist Mobbing.

Mobbing entsteht, wenn Menschen auf engstem Raum eine Zwangsgemeinschaft bilden. So kommt es gerade in Schulen und auf Arbeitsplätzen häufig zu Rivalitäten und sogar Feindschaften. Arbeitnehmer begegnen sich mit Konkurrenzdenken und Anfeindungen, anstatt gemeinsam an der Verwirklichung ihrer Ziele zu arbeiten. Mobbing kann natürlich auch von Vorgesetzten ausgehen („Bossing“) oder sich gegen diese richten. Doch Konflikte zwischen Arbeitskollegen bzw. Arbeitnehmern und deren Vorgesetzten sind alltäglich und nicht jeder böse Kommentar ist gleich Mobbing. Das österreichische Arbeitsrecht kennt keine Definition von Mobbing am Arbeitsplatz. Es kann daher immer nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden, ob Mobbing vorliegt. Der Begriff Mobbing wird dabei häufig zu schnell verwendet. Weisungen, Verwarnungen, Kündigung und Entlassung durch den Arbeitgeber sind – sofern sachlich gerechtfertigt – rechtlich erlaubte Handlungen. Folglich stellen gelegentliche, anlassbezogene Kritik und das bloße Beanstanden schlechter Arbeitsleistung noch keine Mobbing–Handlungen dar.  Mobbing umfasst Verhaltensweisen, die darauf abzielen, eine Person einzuschüchtern oder zu verletzen, sie auszugrenzen bzw. aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Die typischen Mobbing-Handlungen umfassen Beschimpfungen, Lustigmachen, das Verbreiten von Gerüchten, Schikanen, Ignorieren bzw. Unterlassen von Informationserteilung und das wiederholte Zuteilen unangenehmer oder sinnloser Aufgaben. Von Mobbing kann allerdings erst gesprochen werden, wenn solche Handlungen häufiger, über einen längeren Zeitraum, systematisch, mit einer gewissen Intensität erfolgen. Effekt und Ziel dieser systematischen Angriffe ist dabei, dass sich der Angegriffene unterlegen, ausgestoßen bzw. diskriminiert fühlt.

 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers!

 Mobbing hat schädliche Auswirkungen auf Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Gemobbte Arbeitnehmer unterliegen einem erhöhten Risiko, psychischen und körperlichen Leiden, wie Kopfschmerzen, Atemnot, Depressionen, Schlafstörungen, Magen-/Darmerkrankungen oder Herz-/Kreislaufbeschwerden zu erliegen. Nachdem Mobbingopfer häufiger krank und nicht mehr dazu in der Lage sind, ihre Leistungskapazitäten auszuschöpfen und es so zu Produktionsausfällen kommt, wirkt sich Mobbing auch schädlich auf den Arbeitgeber aus. Das Opfer selbst ist meist hilflos und außerstande, sich zu wehren oder aus der Situation zu befreien. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht (ergibt sich aus den Paragraphen § 1157 ABGB und § 18 AngG) jedoch dazu verpflichtet, Mitarbeiter aktiv vor Mobbing zu schützen. Der Schutz der physischen und psychischen Integrität des Arbeitnehmers steht im Vordergrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht. Nach der Rechtsprechung des OGH haben gemobbte Arbeitnehmer ein Recht darauf, dass der Arbeitgeber aktiv wird und die erforderlichen Mittel ergreift, um sie vor weiteren Angriffen zu schützen. In Bezug auf die Wahl der Mittel, gegen ein bekannt gewordenes Mobbinggeschehen vorzugehen, ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Erhebt ein Mitarbeiter einen Mobbing-Vorwurf gegen einen anderen Mitarbeiter, muss der Arbeitgeber aber jedenfalls handeln und bei Vorliegen von Mobbing wirksam Abhilfe schaffen. Die notwendigen, zielführenden Abhilfemaßnahmen richten sich nach dem konkreten Einzelfall und müssen an die Situation angepasst und verhältnismäßig sein (Mitarbeitergespräch, Weisung, Abmahnung, Versetzung, Kündigung). Es ist empfehlenswert, einen Rechtsanwalt zur Beratung über die notwendigen Maßnahmen zu konsultieren. In erster Linie muss klargestellt werden, dass Mobbing im Unternehmen keinesfalls geduldet und der faktisch betroffene, gemobbte Mitarbeiter wirksam vor weiteren Mobbinghandlungen geschützt wird.

 Wie erkenne ich als Führungskraft, dass unter Mitarbeitern Mobbing passiert?

 Als Führungskraft sollte man bei beobachteten Veränderungen im Verhalten von Mitarbeitern stets hellhörig werden. So etwa, wenn sich Fehlzeiten häufen oder das Leistungsniveau ändert, Unkonzentriertheiten, Spannungen und ein rauer Umgangston bemerkbar machen. Auch Versetzungswünsche und Beschwerden sind Indikatoren. Derartige Veränderungen im Verhalten von Mitarbeitern können naturgemäß verschiedene Ursachen haben, dennoch sollte eine Führungskraft im Rahmen der Fürsorgepflicht unbedingt intervenieren. Es empfiehlt sich, diese Umstände gezielt anzusprechen, sich ein Bild über die Situation zu machen und den Konflikt herausarbeiten. Der betroffene Mitarbeiter ist aufzufordern, die Mobbing-Handlungen genau zu dokumentieren und festzuhalten, wann, von wem und wie er gemobbt wurde. Zu beachten ist außerdem, dass sich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht auf die direkt beim Arbeitgeber angestellten Arbeitnehmer beschränkt ist. Vielmehr erstreckt sie sich etwa auch auf im Rahmen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes überlassene Arbeitnehmer.

Mobbing als strafrechtliche Grauzone.

Mobbing am Arbeitsplatz ist per se kein eigenständig strafbares Delikt. Verschiedene Teilaspekte des Mobbings sind aber naturgemäß von strafrechtlicher Relevanz. In erster Linie sind freilich physische Gewalt, wie Körperverletzungen und Misshandlungen, sowie sexuelle Belästigungen gerichtlich strafbare Handlungen. § 107c StGB stellt Cyber-Mobbing explizit unter Strafe. Auch der „Stalking-Paragraph“ des § 107a StGB kann einschlägig sein. Darüber hinaus sind die Straftatbestände der Beleidigung (§ 115 StGB), der üblen Nachrede (§ 111 StGB) sowie der Verleumdung (§ 297 StGB) zu beachten.

Zivilrechtliche Haftung von Täter und Arbeitgeber.

Zunächst kann der unmittelbare Täter des Mobbings unter Umständen auf Schmerzengeld geklagt werden. In einigen Fällen kann Mobbing auch den Tatbestand geschlechtlicher Diskriminierung erfüllen und so Anlass für eine Schadenersatzklage wegen Diskriminierung bilden. Aber Achtung, auch der Arbeitgeber kann aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur Verantwortung gezogen werden! Sollte der Arbeitgeber nichts gegen einen ihm bekannten, begründeten Mobbing-Vorwurf unternehmen, so hat der gemobbte Mitarbeiter zunächst das Recht, aus dem Unternehmen auszutreten; darüber hinaus kann er aber gegebenenfalls sogar einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen. Im Zuge dieses Schadenersatzanspruches könnte etwa Schmerzengeld für das zugefügte Leid, weiters auch Kostenersatz für Ärzte, Medikamente, usw. begehrt werden. Eine ersatzfähige Gesundheitsschädigung liegt bei einer psychischen Beeinträchtigung immer dann vor, wenn diese behandlungsbedürftig oder zumindest ärztlich diagnostizierbar und damit medizinisch fassbar ist. 2010 bestätigte der OGH ein unterinstanzliches Urteil, in dem einer gemobbten Arbeitnehmerin (posttraumatische Belastungsstörung sowie Burn-Out-Symptomatik als Folge von Mobbing) Schmerzengeld in Höhe von EUR 5.900,- zugesprochen wurde.

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