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#Gastbeitrag: Wie Sie Ihre Rechtsanwälte erschaudern lassen, oder…

© Bild: Tino Ranftl

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Rechtliche Fehler, die GründerInnen oft passieren

Böse Zungen behaupten, dass wir Rechtsanwälte uns an den Fehler von UnternehmerInnen erfreuen. Auch wird erzählt, dass Rechtsanwälte nur zum Streiten da sind. Falsch und nochmal falsch! Vielmehr geht es uns Rechtsanwälten darum, potenzielle Gefahren zu erkennen und Rechtsstreitigkeiten zu verhindern (bevor diese überhaupt entstehen). In Ihrer beruflichen Laufbahn als UnternehmerIn kann und wird es öfter zu Fehlern kommen. Einige Fehler können Sie als GründerIn allerdings schon anfangs umgehen. Wir zeigen Ihnen die häufigsten und leider auch schmerzlichsten juristischen Fehler, die GründerInnen gemacht haben. Lernen Sie aus diesen und vermeiden Sie diese so.

Fehler 1 – Schnellstart ohne Gewerbeberechtigung

Sie haben eine bahnbrechende Idee? Jetzt muss alles schnell gehen, sofort Interessenten präsentieren, verkaufen, Leistungen erbringen, abrechnen — aber Moment! Zurück an den Start: Haben Sie überhaupt ein Gewerbe angemeldet? In der Anfangseuphorie wird manchmal darauf vergessen. Deshalb Vorsicht, denn bei unbefugter Gewerbeausübung können Verwaltungsstrafen drohen bis zu € 3.600,–!
Vorteil einer sofortigen Anmeldung: Sogenannte Anmeldegewerbe bedeuten, dass das Gewerbe bereits nach der Anmeldung ausgeübt werden darf. Der Anmelder muss in diesem Fall also nicht darauf warten, dass er eine Gewerbeberechtigung erlangt. Wie so oft gibt es Ausnahmen: Etwa bei Rauchfangkehrern und auch bei einigen reglementierten Gewerben, wie bei Elektrotechnikern und Baumeistern. Beginnen darf man mit diesen Tätigkeiten erst dann, wenn der rechtskräftige Bescheid der Gewerbebehörde vorliegt.
Es muss gesagt werden, dass nicht alle Formen selbständiger Tätigkeit mit der Erlangung einer Gewerbeberechtigung verbunden sind. Vor allem einige Berufsgesetze bei den freien Berufen, wie z.B. für Steuerberater, Ärzte und uns Rechtsanwälte enthalten schärfere Sondervorschriften zur Berufsausübung. Diese unterliegen nicht der Gewerbeordnung.
Neue Selbständige brauchen keine Berechtigung zur Ausübung ihrer Tätigkeiten. (Beispiel hierfür sind Autoren.)
Deshalb ist als Erstes zu prüfen, ob die jeweilige angestrebte selbständige Tätigkeit überhaupt der Gewerbeordnung und damit dem Gewerberecht unterliegt oder nicht.

Fehler 2 – Ist nicht meins, verwende es aber trotzdem

Ja ist das nicht eine coole Zeichnung! Und diese nette Musik. Das zusammen passt sicher gut auf die Startseite meiner Webseite. Der Text ist aber nett geschrieben, den nehme ich auch gleich für die Leistungsbeschreibung. Finden Sie hier die Werke? Werke? Ja, sogenannte „Werke“ genießen urheberrechtlichen Schutz.
Dazu gehören Musikstücke, Texte, Grafiken einer Webseite oder auch Computerprogramme. Urheberrechtlicher Schutz entsteht automatisch. Es ist also keine Anmeldung oder Eintragung notwendig. Eine Eintragung ist allerdings immer sinnvoll, wenn darüber gestritten wird, wer der ursprüngliche Urheber ist. Kopien urheberrechtlich geschützter Werke sind nur dann zulässig, wenn diese mit Zustimmung des Berechtigten erfolgen. Wenn Sie Urheberrechte nicht selbst haben, sondern von Dritten die Nutzungsrechte (Lizenz) erwerben, dann bitte aufpassen! Manche Verträge dazu sind sehr eng gestaltet. Sie sollten also sicher sein, dass alle notwendigen Nutzungsarten im Lizenzvertrag genannt worden sind und Sie somit auch alles nutzen dürfen. Denn manchmal dürfen Sie zwar eine Grafik für Ihre Website oder Ihren Blog nutzen, aber auf Facebook zum Beispiel darf sie nicht veröffentlicht werden.

Fehler 3 – Akquise ? Das ist das mit dem Newsletter an irgendwen senden!

Der Versand von Newsletters bzw. die rechtliche Frage nach der Legalität ist eine Frage, die wohl alle Menschen genauso beschäftigt wie: Was war zuerst, Huhn oder Ei?
Hier deshalb ein Auszug aus dem Telekommunikationsgesetz: Nachrichten „zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers“ sind verboten (§ 107 Abs 1 Telekommunikationsgesetz). Darunter fallen Telefonanrufe („Cold-Calls“), E-Mails und auch SMS. Für E-Mails und SMS gilt dies, sobald der Zweck des Versendens „Direktmarketing“ ist. Grundvoraussetzung für das Versenden von E-Mails zu Werbezwecken ist daher die vorherige Einwilligung des Empfängers. Weiters unzulässig ist neben der Zusendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers auch eine Zusendung, die an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.
Aufpassen sollten Sie auf jeden Fall, wenn Sie als Direktwerbung etwas versenden und Ihre Identität (als Absender) wird verschleiert oder verheimlicht. Oder wenn keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann. Deshalb bitte immer eine Abmelde- und Kontaktmöglichkeit dabei haben.
Also hier nochmals zum Mitschreiben: Mailings und Newsletter sind bei werbendem Inhalt unproblematisch, aber nur wenn der Interessent selbst die Zusendung beantragt und damit dieser zugestimmt hat.

Fehler 4 – Verträge kann man selber machen

Ein Vertrag ist eine schriftliche oder mündliche, Vereinbarung. In dieser Vereinbarung wird eine bestimmte Sache rechtsgültig geregelt. Im Vertrag verspricht eine Partei der anderen, etwas Bestimmtes zu tun, eine Leistung zu erbringen oder etwas nicht zu tun bzw. zu unterlassen. Um Zeit und Geld zu sparen wird gegoogelt und oftmals schnell ein Vertragsmuster runtergeladen. Autsch, hier zuckt jedes Anwaltsherz! Ein besonders blöder Fehler ist es, wenn ein Vertrag, der in Österreich zwischen zwei österreichischen Firmen abgeschlossen wird, dann auf deutschem Recht basiert. Peinlich auch, wenn noch dazu Paragrafen vom deutschen BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) darin zu finden sind. Natürlich können Sie einen Vertrag bei einem Business Lunch auf einer Serviette niederschreiben und abschließen. Dieser ist übrigens rechtswirksam. Allerdings, wenn es dann zu einem Streitfall kommt (und bei solchen Vertragsabschlüssen kommt es natürlich auch dicke), lässt die Sinnhaftigkeit (im Sinne von zu wenig detailliert) solcher Verträge doch zu wünschen übrig.

Fehler 5 – Kunden lieben mich, werden mich immer lieben und zahlen deshalb immer

Ja, das wäre schön. Und das zu denken ist per se kein Fehler. Allerdings sollte man hier nach dem, bei uns Rechtsanwälten sehr beliebten, Spruch handeln „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Wenn Sie eine Geschäftsbeziehung mit einem Kunden eingehen und sogar einen Vertrag haben (der nicht unter Fehler 4 fällt, s.o.), ist schon der erste Schritt getan. Sie erbringen Ihre Leistung und der Kunde zahlt nicht. Was nun? Sie denken an Mahnen. Nein, sie müssen keine Frist verstreichen lassen oder keine bestimmte Anzahl an Mahnungen senden, bis Sie gerichtlich vorgehen können. Ihre Rechnung ist eigentlich schon Mahnung an sich. Ist die Zahlung fällig und wird nicht bezahlt, so können Sie als UnternehmerIn nach dem Gesetz sofort auf Zahlung klagen.
Deshalb müssen Sie sich vorab schon überlegen: Was sind die Sanktionen? Welche Möglichkeiten habe ich? Will ich immer sofort klagen oder sollte ich mir nicht lieber ein Mahnwesen und einen Ablauf überlegen?
Übrigens generell gilt: Bis zu einem Streitwert von € 5.000,- ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich nicht erforderlich. Bei mehr als € 5.000,-  benötigt man für das Verfahren verpflichtend einen Rechtsanwalt. Dies nennt sich Anwaltszwang. (Als ob wir Rechtsanwälte Zwang wären   ;-))
Also wie war das gleich: Anwälte sind unnötig und zu teuer, geben unverständliche und unbrauchbare Äußerungen von sich und machen alles nur noch komplizierter? Vielleicht meinen Sie jetzt doch, dass das Honorar auf Dauer gesehen wohl investiert ist.

Über Katharina Winkler und Markus Cerny
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