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Erbrecht – alles neu macht das Jahr 2017

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Kleine Geschichtsstunde am Anfang

Unser bisher gültiges Erbrecht geht auf über 200 Jahre zurück. Nicht nur der Inhalt, sondern auch die im Jahr 2012 in Kraft getretene Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) war wohl Anlass, wichtige Teilbereiche des Erbrechts neu zu fassen.

Die Neufassung des Erbrechts gilt ab 1.1.2017, also für alle Sterbefälle, die sich nach dem 31.12.2016 ereignen.

Übrigens: Jene Testamente, die bis Jahresende 2016 gültig errichtet wurden, gelten auch nach der Gesetzesänderung.

Alle Änderungen können wir Ihnen im Rahmen dieses Artikels nicht nennen. Auch wären manche zu komplex, um sie auf nur einige Zeilen herunterzubrechen. Weiters muss man sich immer den jeweiligen Fall anschauen. Hier empfehlen wir, rechtzeitig zum Rechtsanwalt zu gehen. Auch wenn es für viele Menschen ein unangenehmes Thema ist: sich mit dem eigenen Ableben und der Verlassenschaft rechtzeitig zu beschäftigen, erspart viele Sorgen und klärt die Verhältnisse.

Wesentliche Neuerungen und Änderungen

Änderungen im gesetzlichen Erbrecht

Die Stellung des Ehegatten/Ehegattin bzw. des eingetragenen Partners/Partnerin gegenüber den Verwandten des Verstorbenen wurde verbessert. Eingetragener Partner/Partnerin ist nunmehr erbrechtlich einem Ehegatten/Ehegattin gleichgestellt. In Ausnahmefällen kann auch der Lebensgefährte des Verstorbenen als gesetzlicher Erbe zum Zug kommen.

Neuerungen im Pflichtteilsrecht

Der Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen wurde eingeschränkt.

Ein Pflichtteil steht nur noch den Nachkommen, Ehegattin/Ehegatten oder eingetragenen Partnerin/Partner des Verstorbenen zu. Eltern, Großeltern und weitere Vorfahren haben keinen Anspruch mehr auf den Pflichtteil.

Die möglichen Gründe, die zur gänzlichen Entziehung bzw. zur Minderung des Pflichtteils auf die Hälfte berechtigen, wurden erweitert („ neue Enterbungsgründe“).

Eine weitere Neuerung ist, dass Pflichtteilsansprüche  im Einzelfall gestundet, oder Ratenzahlungen gerichtlich beantragt und gewährt werden können.

EU-Erbrechtsverordnung

Bereits im August 2015 trat die europäische Erbrechtverordnung (ErbVO) in Kraft. Diese Verordnung regelt nun in fast allen EU-Mitgliedsstaaten die Behördenzuständigkeit, das anzuwendende Recht,  die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden und führt ein einheitliches Europäisches Nachlasszeugnis ein.

Gesetzliches Pflegevermächtnis

Eine Neuheit ist der gesetzlich bestehende Anspruch auf Abgeltung der Pflege des Verstorbenen durch Angehörige. Es handelt sich um einen Geldanspruch einer nahestehenden Person, die den Verstorbenen in den letzten 3 Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate hindurch in einem „nicht bloß geringfügigen Ausmaß“ gepflegt hat und die sonst nicht bedacht wurde. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach Art, Dauer und Umfang der Leistung.

Testamentsformen

Die erbrechtlichen Bestimmungen wurden sprachlich modernisiert.

Der Verfügende muss bei einem „fremdhändigen“ Testament nunmehr eigenhändig den Zusatz schreiben, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Weiters  (wie bisher) muss er vor 3 Zeugen unterfertigen. (Dies gilt nicht für Testamente, die rein per Hand geschrieben und unterschrieben werden.) Diese 3 müssen auch gleichzeitig und ununterbrochen anwesend sein und ihre Eigenschaft als Zeugen muss durch einen eigenhändig geschriebenen Zusatz aus der Urkunde hervorgehen. Außerdem dürfen Zeugen weder Begünstigte noch Verwandte des Verfügenden sein.

Weitere Änderungen im Überblick

Testamente zu Gunsten des früheren Ehegatten/Ehegattin, eingetragenen Partner/Partnerin oder Lebensgefährten gelten als aufgehoben, wenn die Ehe, eingetragene Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft aufgelöst wurde.

Bei Schenkungen auf den Todesfall (diese werden wie Vermächtnisse behandelt) entfallen die Voraussetzung, dass eine schriftliche Urkunde dem Beschenkten ausgehändigt wird sowie  der Widerrufsverzicht.

Es entfällt der bisherige Enterbungsgrund „der beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößigen Lebensart“. Straftaten gegen nahe Angehörige des Verfügenden gelten nunmehr als Enterbungsgründe, ebenso wie grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis.

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