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#Gastbeitrag zur Wiener Kammer-Wahl: „EPU – Die Zielgruppe einfach nicht verstanden …“

WKO Illu 7 kandidieren

Hinweis: Der folgende Beitrag erscheint unentgeltlich. #Gastbeiträge müssen nicht mit der redaktionellen Linie von unternehmerweb.at übereinstimmen.

© Bild. www.corporate-interaction.com

Drei Grafik- & Design-ExpertInnen haben die Kampagnen der 5 großen Fraktionen, die bei der Wirtschaftskammerwahl Ende Februar antreten, unter die Lupe genommen. Auf Bitte der INW haben sie die Attraktivität der aktuellen Wahlwerbung analysiert – vor allem aber: ob die heftig umworbene Wählergruppe der EPU zielgruppenadäquat angesprochen wird.

„Die meisten Kampagnen spiegeln die Komplexität des Kammersystems und die daraus resultierenden aktuellen Probleme wider: sie vermitteln das Gefühl, dahinter steckt eine riesen diffuse Blackbox“, bringt Markus Handl, Inhaber der Agentur Hafenjunge und selbst EPU, die Schwäche der fast aller Kammerwahlkampagnen auf den Punkt. Entweder sie vereinfachen so stark, dass „es zu bunt und an der Grenze zum verniedlichen ist“, meint Handl. Oder sie signalisieren, „es braucht einen Befreiungsschlag und man muss schon sehr gut Bescheid wissen, um in die WKO überhaupt rein zu kommen“, analysiert Susanne Keuschnig, Büro für Gestaltung und ebenfalls Einzelunternehmerin. Was der Wahlwerbung aber zumindest gelingt: auf die Wahl per se aufmerksam zu machen. Denn viele Kammermitglieder, vor allem EPU, wissen bis zur ersten Zusendung vor einer Wahl gar nicht, dass sie ihre Kammervertretung ‚wählen dürfen’. Zwangsmitgliedschaft und wählen ist für viele ein Widerspruch in sich.

Grüne Wirtschaft: sympathisch, professionell, motivierend

Die Grüne Wirtschaft nutzt gekonnt alle Kanäle, von Postwurfsendungen über social media und sehr informative Kurzvideos bis hin zu persönlichen Kontakten. Ihr Zugang ist „frisch, jugendlich, einfach und verständlich“, konstatiert Mag. Verena Snurer, ebenfalls Einzelunternehmerin mit ohhyesss.com. Kollegin Susanne Keuschnig ergänzt: „Die komplexen Themen sind gut strukturiert, plakativ dargestellt, amüsant aufbereitet. Sie sind IKEA-isiert – das Du ist weit verbreitet und funktioniert.“ Markus Handl ist die grüne Kampagne etwas zu bunt und altruistisch, er fühlt sich davon nicht zu 100% vertreten. Alle drei sind sich aber einig: der spielerische Zugang ist sympathisch, vor allem der strategische Ansatz überzeugt. Bei den Grünen steht „die Aufforderung zum hingehen und wählen im Fokus, die Eigenverantwortung, etwas zu tun – und erst in zweiter Linie die Partei“, fasst Keuschnig zusammen.

UNOS / NEOS: engagiert, aber es fehlt an Erfahrung und Budget

Dass man fehlende finanzielle Möglichkeiten nur bis zu einem gewissen Grad kompensieren kann ist EPU besonders bewusst. Das erkennbare Engagement ist darum umso höher zu bewerten. „Man hat bei der UNOS-Kampagne aber den Eindruck, es ist viel mehr ein schwieriger Kraftakt die WKO zu ändern, während die Grünen eher tänzeln“ beschreibt Verena Snurer die Gesamt-Anmutung der pinken Wahlwerbung. Keuschnig ergänzt: „Begriffe wie Befreiungsschlag und Kampfansage ziehen sich durch; Ketten, die gesprengt werden müssen und Spindeleggers Entfesselungs-Credo zitieren, sind das zentrale Element. Aber nirgends gibt es Lösungen, es kommt auch sehr wenig Information herüber.“ Das schmälert die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, finden die ExpertInnen. Markus Handl: „Außerdem spürt man die schwer fassbare Bewegung durch – wen genau wollen sie denn eigentlich ansprechen?“ Eine Bereicherung sind die UNOS trotz allem, und die einzigen, die die Pflichtmitgliedschaft dezidiert ablehnen.

SWV: sehr arriviert, aber mit differenzierten Angeboten für die einzelnen Zielgruppen

Der SWV fährt gleich mehrere Kampagnenlinien, „was im ersten Augenblick schon ein bissl chaotisch wirkt“ für Markus Handl. „Aber jede Gruppe hat für sich und ihre Mitglieder etwas entwickelt – sie versuchen immerhin, die einzelnen Gruppen in ihrer Unterschiedlichkeit zu erreichen“, hält Designerin Susanne Keuschnig als Pluspunkt fest. Die SWV-Wien Kampagne mit Science Busters-Mitglied Werner Gruber, der als Testimonial den Urknall prophezeit, wenn alle EPU von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, „ist sicher ein Angebot an die älteren, an Kontinuität interessierten Mitglieder – an Gewerbetreibende und klassische Dienstleister“, glaubt Keuschnig. „Etwas Fetziges um Aufmerksamkeit zu kriegen, aber auf Kosten von Inhalten und Information.“ Den recht gelungenen viralen Aktionen, you tube-Videos und Facebook-Aktionen einiger Kreativer der SWV-Liste Werbung Wien steht allerdings die leicht antiquiert wirkende Kampagne „Umbau-Bescheid“, ebenfalls vom SWV-Wien, gegenüber. „Ich finde es wichtig, dass sie ein junges Team ihr Ding machen lassen. Das mag mutig wirken, ist aber sicher eine logische Konsequenz, wenn man sich dem wirtschaftlichen Leben rund um uns nicht verschließt“, bewertet Snurer die verschiedenen Kampagnen-Linien durchaus positiv. „Wenn man eine sehr breite Wählerschaft ansprechen will braucht es unterschiedliche Kern-Botschaften für verschiedene Zielgruppen.“ Markus Handl kann dem wenig abgewinnen: „Aber was ist das Gesamt-Paket? Und überall immer wieder die gleichen Köpfe – das ist old school wie klassische Parteienwerbung und vermittelt, die wollen auf ihrem Posten bleiben.“

FPÖ pro Mittelstand: Partei-Werbung für ohnehin-WählerInnen

„Die visuelle Aufbereitung ist grell, überladen, unübersichtlich und wirkt wie für einen Billig-Diskonter“, beschreibt Designerin Verena Snurer die Wahlmaterialien. Außerdem entspricht sie optisch und sprachlich eins zu eins der klassischen FPÖ-Parteiwerbung. „Sie wirkt sehr maskulin und ‚handmade’“, findet auch Susanne Keuschnig: „Der Content wird in die FPÖ-Form gepresst, und nicht die Form dem Content angepasst. Daran merkt man: das wird von der Partei zentral gesteuert!“ Auch Markus Handl findet: „Sie setzen auf traditionelle Sparten wie etwa Gewerbebetriebe und versuchen gar nicht, andere Wählergruppen zu erreichen. Dort sind die Sachen sofort wieder erkennbar. Alles erinnert mich an Gratiszeitungen, ein gelbes Kastl da, ein großer Störer dort. Und sie sind die einzigen, die mit dem Parteichef selbst Werbung machen.“ In der Zielgruppe der EPU fühlen sich davon wahrscheinlich nur jene angesprochen, die ohnehin der Partei nahe stehen, egal ob diese Einzelunternehmern etwas zu bieten haben oder nicht.

WB: voller Budgeteinsatz unter dem Motto „Wir sind die Kammer“

„Im Vergleich zu den anderen Fraktionen merkt man beim Wirtschaftsbund eigentlich gar nicht, dass er sich mitten im Wahlkampf befindet“ stellt Susanne Keuschnig verblüfft fest. Auch Snurer und Handl sind über die Strategie des WB überrascht: „Sie setzen primär auf klassische – teure – Inserate, spielen alles über die Erfolge und Leistungen der Wirtschaftskammer im gesamten. Und signalisieren: der WB ist die Wirtschaftskammer!“ Eigentlich eine ziemlich präpotente Taktik. Broschüren und Inserate „wirken wie aus der WU-Ecke“, findet Snurer. „Die Comic-Illu der ‚Mittelstands-Fighter’ ist ein bissl ‚10 years ago’!“ So wie die gesamte Herangehensweise des Wirtschaftsbundes an die Kammerwahl: wir wissen schon, wo es lang geht, und haben das Geld, um in Print und outdoor zu klotzen. Das lullt ein um elegant zu negieren, was den Zwangsmitgliedern wirklich unter den Nägeln brennt. „Satt, mit großem Budget – aber null Interesse was die Mehrheit der Mitglieder will“, ist Verena Snurer enttäuscht. Ob das noch einmal für die Mehrheit in Wien reichen wird, wird sich zeigen. „Für den WB ist nur Unternehmer wer Arbeitsplätze schafft und zum Mittelstand gehört“, fasst Markus Handl zusammen, „die haben die Zielgruppe EPU einfach nicht verstanden!“

Die INW-ExpertInnen:

Handl Markus – Inhaber Hafenjunge e.U., Agentur | Shop | Kneipe: www.hafenjunge.com
Keuschnig Susanne – [Büro] für Gestaltung: www.fuergestaltung.at
Snurer Verena, Mag. Art. – creative management agency ohhyesss: www.ohhyesss.com

Die Initiative Neue Wirtschaft setzt sich als parteiunabhängige pressure group für die Interessen von EPU, Microunternehmen, Start ups, Gewerbetreibenden und KMU ein, und bündelt deren Anliegen gegenüber der Politik sowie den gesetzlichen Interessenvertretungen. Sie ist als Verein organisiert mit dem Ziel, spätestens 2016 eine gemeinnützige Genossenschaft zu werden. Die INW finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Sponsoring – alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich.

Weitere Infos:
– http://changewko.wien/
– http://initiativeneuewirtschaft.at/
– https://www.facebook.com/InitiativeNeueWirtschaft

Rückfragehinweis:
Marcus Arige
Sprecher & Gründungsmitglied INW
Tel: 0664 523 33 03
Mail: arige@halle34.com

Sophie Pollak
Sprecherin & Gründungsmitglied INW
Tel: 0699 19003895
Mail: webandits@gmail.com

Sieglinde Eugenie Kathrein
Pressebetreuung INW
Tel: 0699 190 009 89
Mail: kathrein@initiativeneuewirtschaft.at

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