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FPÖ-Wirtschaftsprogramm: Wer hat, dem wird gegeben

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Es hat lange gedauert, ist aber noch vor der Wahl fertig geworden: Das Wirtschaftsprogramm der FPÖ. Bereits im Jänner wurden ein paar Vorhaben an die Öffentlichkeit getragen. Im Mai noch hieß es, das Programm würde im Juni erscheinen. Doch durch die von Sebastian Kurz aufoktroyierten Neuwahlen nahm sich die FPÖ zusätzlich einige Wochen Zeit, um das Wirtschaftsprogramm auch auf den Wahlkampf abzustimmen. Und die zentrale Frage: Was fordert die FPÖ für KMU und EPU?

Das Ergebnis ist so, wie man es vermuten konnte. Das Wirtschaftsprogramm umfasst viele Punkte, die nur peripher oder gar nicht mit Wirtschaft zu tun haben, die aber in keinem Programm fehlen. So lesen wir auch im Wirtschaftsprogramm, dass Abschiebungen rascher vollzogen werden sollen und die ORF-Gebühren wegfallen sollen. In ein rund 50 Seiten umfassendes Heft verpackte die FPÖ ihre klassischen Forderungen der letzten Jahre.

Nicht fehlen, darf das vernichtende Urteil über den Status Quo: Österreich sei „abgesandelt“ (S. 5) – und auch auf den späteren Seiten werden österreichische Arbeitnehmer und österreichische Unternehmer als Opfer stilisiert, die unter der Knechtschaft aus Steuern und Regeln leiden, welche die rotschwarze Regierung in einem sadistischen Anfall über das Volk brachten, wie Moses einst die zehn Plagen.

Weniger Steuern, weniger Regeln

Was die tatsächlichen Wirtschaftsthemen im Wirtschaftsprogramm betrifft, können die Forderungen der FPÖ grob zusammengefasst werden: Weniger Steuern und weniger Regeln. Zwar verspricht die FPÖ jedem Österreicher niedrigere Steuern. Doch anders, als ein bekanntes Sprichwort besagt, sollten wir dem geschenkten Gaul sehr wohl ins Maul schauen. Die großen Profiteure und damit auch wahren Adressaten des FPÖ-Papiers sind nämlich Industriebetriebe und große Unternehmer. Und die Adressaten erkennen dies auch und sich bereits artig bedankt, so wie Martin Ohneberg, Präsident der IV-Vorarlberg.

Rasche Abschiebungen für Vollbeschäftigung

Obwohl das Wirtschaftsprogramm sehr ausführlich ist und viele Forderungen beinhaltet, ist der Aufbau und das Konzept als Ganzes diffus. Ein Beispiel: Die Punkte „Asylverfahren beschleunigen“ und „rasche Abschiebung“ steht unter der Überschrift „Das Ziel lautet Vollbeschäftigung“. Warum rasche Abschiebungen zu Vollbeschäftigung führen, erklärt die FPÖ nicht. Vor allem, da die FPÖ ohnehin fordert, Asylwerber lediglich gemeinnützige Arbeit verrichten zu lassen.

FPÖ hat auf EPU vergessen

Auf Seite 49 steht zum ersten und einzigen Mal das Wörtchen EPU. Im gesamten Wirtschaftsprogramm gibt es keine einzige spezifische Forderung für EPU. Überraschen sollte das nicht. Unvergessen sind die Worte des ehemaligen Wirtschaftskammer-Vizepräsidenten und FPÖ-Mitglieds Fritz Amann: 2014 bezeichnete er EPU als „Tagelöhner“ und „Beleidigung für Einzelunternehmer“. Auch wenn sich der Ring freiheitlicher Wirtschaft im Anschluss von ihm distanzierte, rührt die FPÖ seither keinen Finger, um zu beweisen, dass ihre Meinung von EPU eine andere ist. Auch das Wirtschaftsprogramm hat nicht viel für EPU zu bieten. Wie jede Partei fordert die FPÖ bürokratische Erleichterungen – doch das sind im Großen und Ganzen nur Peanuts. Der Unternehmer, der auf eine Unternehmensgründung verzichtet, weil er einige Tage auf seinen Gewerbeschein warten muss, den gibt es nicht. Den Unternehmer, der auf eine Gründung verzichtet, weil er nicht weiß, ob der Gewinn reicht, um seine Versicherung zu zahlen, den gibt es. Und für den hat die FPÖ keine Hilfe parat.

Bürokratie als größtes Problem der KMU?

Die Forderungen für KMU gehen Hand in Hand mit der Zerschlagung der Wirtschaftskammer. Die Pflichtmitgliedschaft müsse abgeschafft und die Beiträge um die Hälfte reduziert werden. Ansonsten fordert die FPÖ, Unternehmensgründungen zu vereinfachen, die Gewerbeordnung zu lockern und die Prüfverfahren schneller zu gestalten. Von anderen Forderungen – wie steuerliche Erleichterungen – profitieren die großen Gewerbe- und Industriebetriebe; und auch Banken. Die Finanzkrise ab 2007 scheint vergessen, daher fordert die FPÖ eine erneute Deregulierung des Banken- und Finanzsystems.

Müsste man das FPÖ-Wirtschaftsprogramm in einem Satz zusammenfassen, bietet sich dieser an: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Der Präsident der IV-Vorarlberg bedankt sich völlig zurecht bei der FPÖ. Die großen Unternehmen werden viele Millionen einsparen können. EPU und KMU wurden an der Seitenlinie vergessen und bis zum Ende des Wirtschaftsprogramms nicht eingewechselt.

FPÖ stößt sich an Verfassung

Aggressiver als in früheren Programmen wettert die FPÖ auch gegen nichtösterreichische EU-Bürger. Mit ihren Forderungen attackiert die FPÖ das Diskriminierungsverbot. So soll die Mindestsicherung nur noch an österreichische Staatsbürger ausgezahlt werden. Nicht mehr an andere EU-Bürger. Nicht mehr an Deutsche, nicht mehr an Franzosen. Das wäre verfassungswidrig und damit nicht umsetzbar. Von Armin Wolf in der ZiB2 darauf angesprochen, antwortete der Landeshauptmann-Stellvertreter aus Oberösterreich Manfred Haimbuchner mit „hoferischem“ Stil: „Das wird man dann auch einmal alles sehen, was rechtlich tatsächlich auch alles möglich ist“.

Will FPÖ höhere Mehrwertsteuer?

Neben dem Problem mit der Verfassung gibt es aber ein weiteres: Eine Schlechterstellung von Ausländern und auch nichtösterreichischen EU-Bürgern schafft keinem Österreicher ein besseres Leben. Eine Steuerentlastung des Faktors Arbeit wäre dazu geschaffen, die Menschen zu entlasten. Doch um das finanzieren zu können, schlägt die FPÖ vor „stärker auf indirekte Steuern“ (S. 32) zu setzen. Und was ist die klassische indirekte Steuer? Die Mehrwertsteuer! Also nochmal: Die progressive Steuer auf Arbeit – bei der Geringverdiener prozentuell weniger zahlen als Gutverdienende – soll gesenkt werden. Und Abgaben, wie die Mehrwertsteuer, die für alle gleich hoch ist, egal wie groß das Einkommen oder der Besitz ist, sollen erhöht werden. In Interviews beschwichtigt die FPÖ jedoch. Zuerst sollen Steuern gesenkt werden – dann wird man weiter sehen.

Leider kein Programm für die Mittelschicht

„Eine moderne Steuerpolitik zeichnet sich dadurch aus, dass sie eher proportional und weniger progressiv gestaltet wird“ (S. 32), steht im FPÖ-Programm. Genau diesen Ansatz vertrat auch Frank Stronach, der austrokanadische Milliardär, der vor 4 Jahren mit seiner Partei angetreten ist, um Großunternehmer und Großverdiener von Steuern zu befreien. Es ist keine Kritik, dass die FPÖ in dieselbe Kerbe schlägt. Industrielle und Wohlhabende und Einkommensstarke sollen ebenso politisch vertreten werden, wie die breite Masse. Doch die FPÖ zelebriert sich nur allzu gern als Partei des kleinen Mannes und erklärt die KMU als Fundament einer funktionierenden Wirtschaft. Doch das Programm wird dem nicht gerecht.

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