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Spieglein, Spieglein
… mir vis á vis

Der Kommunikationskiller Sonnenbrille

© visual: www.corporate-interaction.com

Unsere Sonnenbrille. Sie schützt die Augen zu jeder Jahreszeit vor gefährlichen Sonnenstrahlen, spendet Privatsphäre, transportiert unmissverständliche Botschaften und ist nach wie vor Trend-Accessoire Nummer Eins. Man stelle sich nur vor, dass sie vor einem halben Jahrhundert nur und ausschließlich als Sonnenschutz verwendet wurde. Ein derartiges Paar Augengläser aus einem anderen Grund als um des puren Schutzes Willen zu tragen, galt damals als Fauxpas in Sachen Verhalten und Anstand.
Heutzutage ist die Sonnenbrille ein ideales Beispiel dafür, dass vor langer Zeit ausgesprochene Normen nicht starr sind und ihnen sehr wohl Dynamik zugrunde liegt, denn seit den 50er Jahren hat sie an gesellschaftlicher Akzeptanz enorm zugelegt und Männer wie Frauen tragen heute egal ob Regen oder Sonnenschein – Tag oder Nacht, selbstbewusst Sonnenbrillen. Doch Achtung: Auch die heutige Zeit birgt Situationen, in denen das Tragen einer Sonnenbrille geradezu degradierend und verpönt angesehen wird.
Ein Beispiel:

Das bunte Herbstlaub und reges Treiben in den Straßencafes.

Ein lauer und äußerst sonniger Oktobertag. Die Straßencafés sind voller Menschen, die sich zum Plausch mit Freunden treffen, Geschäftstermine werden nach draußen verlegt und der reservierte Tisch fürs Date mit der neuen Flamme wird kurzerhand vom dunklen Barbereich in den Gastgarten umgebucht. Schließlich hat man sich doch immer was zu erzählen – von Dingen die die Welt bewegen, leidenschaftlichen Ideen und mutigen Vorhaben.

Und so nutze auch ich die Gunst der Stunde und treffe mich in meiner Mittagspause mit einem guten Freund zu einem kurzen, sonnigen Café. Doch nach wenigen Sätzen gerät unser Gespräch ins Stocken, weil auf der Nase meines Gegenübers zwei undurchsichtige Spiegel platzgenommen haben, die sämtliche meiner Blicke gnadenlos abblitzen lassen.
Ist es doch schon nicht gerade höflich, die Augen bei einem Gespräch hinter einer herkömmlichen Sonnbrille zu verbergen – Menschen mit empfindlichen Augen mögen mir verzeihen – wirkt es doch erst recht irritierend wenn das Einzige was das Gegenüber des Brillenträgers sieht – er selbst ist.
Und nachdem ich angestrengt versuche, mich von meinem Miniaturspiegelbild nicht abschrecken zu lassen und eisern meine Erzählung vorantreibe, erkenne ich bei meinem Gegenüber statt eines mitfühlenden Blicks nur mein Alien-artig verzogenes Selbst.
Hinter der Brille eine Art Michael-Jackson-Klon, bei dessen Antlitz man nur raten kann, ob sich dieser nicht schon lange in ein kurzes, desinteressiertes Mittagsschläfchen verabschiedet hat.

Und schon wird aus dem Dialog ein Monolog.

© visual: www.corporate-interaction.com

Hält man sich an die Weisheiten des größten Modeschöpfers unserer Zeit, Karl Lagerfeld, so ist die Sonnenbrille zum überlebenswichtigen Fashion-Statement avanciert, sagte er doch einst:
„Die Sonnenbrille ist mein mobiler Lidschatten. Durch sie sieht alles ein bisschen jünger und schöner aus.“
Lagerfeld-Fan hin oder her überlege ich mir ernsthaft, ob ich einer Spiegelbrille wirklich weiterhin mein Herz ausschütten möchte, fühle ich mich doch fast schon so, als würde ich statt im schönen Café vor einem dieser riesigen Spiegelwände im Verhörsaal einer Wiener Polizeiwache sitzen, unwissend, was die Beamten auf der anderen Seite über mich sprechen oder sich überhaupt noch jemand dort aufhält.
Und auch mein langjähriger Freund wirkt trotz des rhythmischen Mir-Zu-Nickens plötzlich kalt und seltsam irritierend auf mich, habe ich doch am Abend nach unserem Gespräch tatsächlich kurzzeitig vergessen, mit wem ich mich heute Mittag getroffen habe. Wenn die Augen die Fenster zur Seele sind, bekam unser Gespräch heute den Anschein, als hätte es hinter heruntergelassenen Rollläden stattgefunden.
Meiner Meinung nach hat eine verspiegelte Sonnenbrille bei einem vertrauten Gespräch als auch beim Geschäftstermin mit Kunden daher absolut nichts verloren. Sie irritiert und verunsichert nicht nur den geschäftlichen Gesprächspartner und jeden guten Freund, sondern outet ihren Träger vor allen Dingen als genau das: unsicher. Auch wenn ich gestehen muss, dass es so manchen besserwisserischen Egozentrikern manchmal gar nicht schlecht tun würde, ihnen einmal einen Spiegel vorzuhalten. Verspiegelte Sonnenbrillen als Therapiemittel fürs Ego? Ich scherze nur.

 

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